Die Petition hat in Zeiten des Wutbürgers fast etwas antiquarisches. Immerhin ist sie auch ziemlich alt. Bereits im römischen Kaiserreich gab es eine vergleichbare Möglichkeit, die damals allerdings noch supplicium, also demütiges Bitten genannt wurde.
17.217 Petitionen wurden im vergangenen Jahr eingereicht. Das kann man mittlerweile sehr einfach übers Internet. Dort kann man vorliegende Petitionen auch Mitzeichnen oder sich zumindest an der Diskussion beteiligen.
Man muss kein großartiger Kenner der Volksseele sein um zu wissen, dass nicht Kinderarmut oder Umweltverschmutzung die Deutschen bewegen, sondern das Auto. Weniger Steuern und keine Einschränkung der Pendlerpauschale sind mit Abstand die Top-Themen.
Einige Eingaben wirken fast skurril. Beispielsweise bemängelte eine Eingabe, dass man am Wahltag das Kreuz auch mit einem Bleistift machen kann. Das aber könnten die Wahlhelfer ausradieren. Der Petitionsausschuss fand das aber wenig wahrscheinlich und sah eher die Gefahr, dass Stimmen plötzlich ungültig werden, weil der Wähler das Kreuz nicht mit einem ordnungsgemäß zugelassenen Stift gemacht hat. Die Petition wurde abgelehnt, auch in Zukunft gibt es kein Wahlstiftverwendungsgesetz.
Abgelehnt wurde auch die Eingabe, in den Formularen des Finanzamtes nicht mehr die Formulierung Ehemann oder Steuerpflichter zu verwenden. Bisher steht in den Formularen des Finanzamtes der Ehemann nämlich an erster Stelle. Das macht die Ehefrau zu einem Anhängsel des Mannes, sagte eine Petentin. Gar nicht wahr, sagte aber der Petitionsausschuss. Das war nicht so gemeint.
Nach Angeben des Petitionsausschusses war rund die Hälfte der Eingaben „im weitesten Sinne erfolgreich.“ Ein genauerer Blick in die Statistik zeigt aber, was es damit auf sich hat. Nur 7,6 Prozent wird tatsächlich entsprochen (hellgrau). Die hohe Erfolgsquote erklärt sich vor allem durch jene 38,1 Prozent, die durch Rat, Auskunft oder Zusenden von Informationsmaterial erfolgreich erledigt werden konnten (dunkelblau).
Allerdings tragen auch die Petenten ihren Teil zu diesem niedrigen Prozentsatz bei. Denn 14,3 Prozent der Petitionen sind schlicht ungültig (dunkelgrau). Sie sind reine Meinungsäußerungen, Beleidigungen oder anonym verfasst. Für weitere 8,8 Prozent ist der Bund gar nicht zuständig. Sie werden an europäische Stellen oder die eines Bundeslandes weitergeleitet (orange), meistens ohne überhaupt im Parlament beraten zu werden (8,5 Prozent). Insgesamt werden 60,9 Prozent der Petitionen gar nicht parlamentarisch beraten, weil sie ungültig sind, bereits durch eine Auskunft erledigt sind oder der Bund nicht zuständig ist.
3,8 Prozent der Petitionen werden an andere Organe des Bundes weitergeleitet (rot), meistens an die Bundesregierung (3,5 Prozent). Das kann dann der Fall sein, wenn sich die Petition nicht auf ein Gesetz, sondern nur auf eine Verordnung bezieht, die nicht vom Bundestag beschlossen, sondern vom Ministerium erlassen wird. Meistens erfolgt die Weiterleitung allerdings nur zur Information (2,8 Prozent). Nur 0,6 Prozent werden mit der Bitte um Erwägung, sogar nur 0,0 Prozent (insgesamt sechs Petitionen) mit der Aufforderung zur Berücksichtigung an die Regierung geleitet. Weitere 0,3 Prozent gehen an die Fraktionen.
Etwas mehr als ein Viertel, nämlich 27,5 Prozent, werden abgelehnt (hellgrau). Berücksichtigt man nur die Petitionen, die korrekt verfasst werden und für die der Bund auch tatsächlich zuständig ist, werden 70,6 Prozent der Petitionen abgelehnt und 19,6 Prozent angenommen, der Rest wird an die Bundesregierung oder die Fraktionen weitergeleitet.
Auch eine Petition zum Thema Statistik gab es übrigens. Darin wurde gefordert, die von den verschiedenen Regierungen in den vergangenen zehn Jahren gemachten Einschränkungen in der Erfassung von Arbeitslosen rückgängig zu machen und die von der Bundesagentur für Arbeit erhobene Unterbeschäftigung im engeren Sinn (also Arbeitslose einschließlich aller Personen in Maßnahmen) in den Rang einer offizellen Zahl zu erheben. Immerhin über 3.000 Mitzeichner gab es.
Das sie umgesetzt wird ist nicht zu erwarten. Der Bericht des Petitionsausschusses nennt als Beispiele für erfolgreiche Petitionen eher Detailthemen. Beispielsweise wurde in einer Petition gefordert, die in der DDR ausgebildeten Sprechstundenschwestern den Krankenschwestern gleichzustellen, da ihre Ausbildung von ihrem Anspruch durchaus vergleichbar sei. Der Ausschuss stimmte zu.
Hallo,
ich habe meine Daten teilweise auf der Seite des Deutschen Bundestages gefunden (https://epetitionen.bundestag.de), teilweise bei der dortigen Pressestelle erfragt. Das würde ich in Ihrem Fall auch vorschlagen.
Hallo,
das ist immer noch ein interessanter Artikel.
Ich bin gerade auf der Suche nach aktuellen Zahlen zum Erfolg von Petitionen.
Wo könnte ich denn da fündig werden?
Gruß, Regina
[…] Im Petitionsforum des Bundestags sind fast 1,4 Millionen Nutzer angemeldet. Es gibt wohl schon eine Community, die sich sehr häufig mit Petitionen beschäftigt. Dabei geht es nicht allen um eine ganz bestimmte Sache, die sie dem Bundestag vorlegen wollen. Darüber, wie viele Gesetzesvorhaben sich auf der Basis von Petitionen durchsetzen, müsste man sich mal erkundigen. (Anmerkung der Redaktion: Wohl 3,5 Prozent der eingereichten Petitionen werden an die Bundesregierung weitergeleitet. Quelle: Statistiker Blog) […]
Hallo Herr Tilman Weigel, ich bin Redakteurin bei BLN.FM und schreibe gerade einen Artikel über Petitionen. Bin momentan verzweifelt auf der Suche nach zuverlässigen Statistiken und wollte mich mal nach der Quelle ihrer Zahlen erkundigen. Vor allem bin ich an der Fragestellung interessiert, wie viele eingereichte Petitionen im Bundestag an an andere Institutionen weitergegeben werden. Vielen Dank! Mit freundlichen Grüßen, G. Gehlhar
[…] 07.06.11 Petitionsstatistik […]