Die OECD hat jüngst noch einmal bestätigt, was alle schon vermutet haben: die Welt wird ungleicher. „Divided we stand“, titelte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Und nicht nur in Amerika oder Großbritanien wird die Ungleichheit größer. Auch in Deutschland.
Das wussten wir schon, werden jetzt viele Statistiker-Blog-Leser sagen. Stand alles schon in der Zeitung. Stimmt, aber dort ist die Berichterstattung mitunter widersprüchlich. Vor allem die Reformen der Rot-Grünen Regierung hätten zu der Entwicklung beigetragen, sagt Deutschlandfunk und beruft sich auf die OECD. Die OECD sei der Meinung, positive (mehr Beschäftigung) und negative (mehr Niedriglöhne) Folgen der Reformen heben sich auf, sagt die ZEIT.
Tatsächlich sind die Texte der OECD teilweise nur schwer zu entschlüsseln. Dort heißt es, die Arbeitsmarktreformen hätten zu mehr Lohnungleichheit, aber auch zu mehr Beschäftigung geführt. Ob ein Effekt überwiegt, lassen die Forscher offen. Ich werde hier mal nachfragen und sobald ich eine Antwort habe mehr dazu schreiben.
Unbestritten ist dagegen, dass die Ungleichheit in Deutschland sogar stärker zugenommen hat als im OECD-Schnitt. Lag sie in den 1980er Jahren noch deutlich unter dem OECD-Schnitt, ist das Land mittleweile nicht mehr so weit vom Durchschnitt entfernt. Wobei festzustellen ist, dass mit wenigen Ausnahmen wie beispielsweise Frankreich die Ungleichheit in den meisten Industrieländern schneller gestiegen ist als im Durchschnitt. Das die Ungleichheit OECD-weit nicht noch schneller zunahm liegt vor allem an den Schwellenlädern, deren Ungleichheit zwar immer noch höher ist als in Europa, allerdings nicht weiter zugenommen hat oder sogar zurück gegangen ist.
Was die Markteinkommen anbelangt ist Deutschland mittlerweile sogar ungleicher als der OECD-Schnitt. Allerdings greift der Staat hierzulande immer noch deutlich stärker ein als in anderen Nationen, indem er Einkommen hoch besteuert und im Vergleich zu anderen Ländern ein immer noch relativ dichtes soziales Netz bereitstellt. Nur durch diese staatliche Umverteilung ist die Ungleichheit in Deutschland am Ende geringer als in anderen Ländern.
Aber warum ist die Ungleichheit hierzulande so viel stärker gewachsen? Liegt es an den Mini-Jobs? An der Zeitarbeit? An Hartz IV? Zu diesen Fragen erhoffe ich mir ein paar Klarstellungen von der OECD. Die Organisation hat bereits geantwortet und will tatsächlich meine doch recht ausführlichen Fragen beantworten. Da könnten sich insbesondere viele Medien ein Bespiel nehmen, die erfahrungsgemäß auf Rückfragen meist gar nicht antworten.
Bis dahin: Frohe Weihnachen.
Super Hilfe für mein Referat! Vielen Dank!
[…] die steigende soziale Ungleichheit in Europa und den USA wird immer noch gerne auf die Politik oder die Globalisierung geschoben. Dass […]
[…] kurze Serie zum OECD-Bericht zur steigenden Einkommensungleichheit in Deutschland (ältere Berichte hier und hier sowie ein Kommentar zum Thema Minijobs hier) […]
[…] Weihnachten angekündigt, habe ich mich bei der OECD nach den genauen Ergebnissen einer Studie zur Entwicklung der sozialen Ungleichheit erkundigt. Leider fielen damals die Medienberichte sehr unterschiedlich aus. Im Deutschlandfunk war […]