Man jammert ja gerne in Deutschland. Ja, die Arbeitslosigkeit ist gesunken, aber die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten ist gestiegen und der Stress auch und sowieso wird alles immer schlechter.
Tatsächlich gibt es heute mehr Niedriglohnbeschäftigte und die steigende Erwerbstätigkeit hat die Zunahme der Armut zwar verlangsamt, aber nicht aufgehalten. Auch der Druck in den Betrieben und Behörden dürfte heute größer sein als vor 20 Jahren.
Darüber wird aber etwas anderes gerne vergessen, es gibt nämlich immer weniger Beschäftigte, die harte körperliche Arbeit leisten müssen und auch immer weniger Arbeitsunfälle. Seit Mitte der 1980er Jahre sinkt die Zahl der bei der Gesetzlichen Unfallversicherung gemeldeten Arbeitsunfälle. Wer sich die Grafik ansieht dem fällt auf, dass der Rückgang ab 1994 so richtig Fahrt aufnimmt. Das weckt natürlich erst einmal Zweifel, ob nicht ein Rechtsänderung den Rückgang eingeläutet hat.
Tatsächlich sinkt die Zahl der Arbeitsunfälle aber bereits seit 1986, erst mit der Wiedervereinigung 1990 gibt es bis 1992 einen kurzen Aufwärtstrend. Ab hier sind ostdeutsche Betriebe mit dabei, was die Vergleichbarkeit etwas einschränkt. Nach dem Höchststand 1992 geht es fast kontiniuierlich bergab.
Dafür kann es mehrere Gründe geben. Pessimisten werden vielleicht anführen, dass der Druck auf die Arbeitnehmer zugenommen hat und Arbeitnehmer eher auch krank oder verletzt in den Betrieb kommen. Gemeldet werden müssen Unfälle aber nur, wenn der Betroffene entweder tot oder drei oder mehr Tage krankgeschrieben ist. Tatsächlich kann es diesen Effekt geben, er erklärt aber nicht den starken Rückgang.
Ausnahme ist die Unfallversicherung der öffentlichen Hand. Dort wurde die Zahl der Unfälle je 1.000 Arbeitsstunden zwischen 2000 und 2005 fast halbiert, das sieht sehr nach einer Änderung der Erfassungspraxis oder des Kundenstamms aus. Denkbar, dass Betriebe mit hoher Unfallgefahr wie Bahn oder Post hier zu einer anderen Berufsgenossenschaft wechselten.
Ein zweiter Grund für den Rückgang ist aber sicher der verbesserte Arbeitsschutz. Weil Betriebsunfälle Geld kosten, investieren viele Unternehmen in ihre Vermeidung und eine große Zahl von Beratern bietet Gesundheitsmanagementsysteme oder
Arbeitsschutz Zertifizierung an.
Hinzu kommt, dass immer weniger Menschen in gefährlichen Jobs arbeiten. Das betrifft einmal die Tätigkeite selbst, Roboter und Maschinen übernehmen manche gefährliche Aufgabe. Hinzu kommt aber auch eine Verschiebung zwischen den Berufsgenossenschaften. Immer weniger Arbeitnehmer sind Mitglied in der BG Holz und Metall oder der BG der Bauwirtschaft, zwei Berufsgenossenschaften mit traditionell hohem Unfallrisiko, mehr dagegen in der BG Verwaltung (privatwirtschaftliche Verwaltung, z.B. Unternehmen der IT-Branche oder Beratungsunternehmen).
Danke für lehrreiche Infos! Arbeitsunfälle muss man erst erleben, um richtig das Thema zu begreifen:) So was passierte mit meinem Freund, der sich sein Bein infolge des Rutschens gebrochen hat. Gott sei dank, die fachlichen Hände haben alles Nötige richtig gemacht, so geht es ihm nun besser:) Danke für den Austausch!