Das Thema Kriminalität haben wir hinter uns gelassen, doch wir bleiben bei einem verwandten Gebiet, nämlich dem Alkohol. In der Zeitung Eltern wurde jüngst aus den Aufzeichnungen eines Kölner Lehrers aus dem Jahr 1902 zitiert. Der hatte sich in der „Allgemeinen Deutschen Lehrerzeitung“ über die „Thatsache“ beschwert, dass seine Erstklässler Alkohol und Drogen wenig abgeneigt waren.
Ein kleiner Exkurs an dieser Stelle: Das Th in Thatsache war 1901 auf der zweiten Orthografischen Konferenz eigentlich abgeschafft worden. Die Umstellung dauerte allerdings etwas an, so dass ich nicht sagen kann, ob der Herr Lehrer hier in Einklang mit der damaligen Rechtschreibung steht. Ohnehin lies Kaiser Wilhelm sich bis 1911 alle Schriftstücke in der alten Rechtschreibung vorlegen, weil er die neuen Regeln ablehnte.
Aber zurück zum Alkohol. Der Lehrer schrieb, dass am Sonntag zuvor von den 54 Erstklässlern „20 Wein, 24 Bier, 19 Schnaps, 17 Wein und Bier und 14 Wein, Bier und Schnaps getrunken“ haben. Zehn davon waren besoffen gewesen, neun davon so sehr, dass sie umfielen. 19 hatten auch noch geraucht.
Was ich nun wissen wollte war: Wie viele der Sechsjährigen hatten eigentlich gar keinen Alkohol getrunken? Ein erster Blick auf die Daten macht klar, dass bei den Nennungen von Alkohol, Wein und Schnaps Mehrfachnennung möglich waren. Außerdem muss es sich bei den 14 Jungen, die Wein, Bier und Schnaps um einen Teil der 17 Schüler handeln, die Wein und Bier getrunken haben. Unklar bleibt lediglich, wie viele der fünf Schüler, die Schnaps getrunken haben, dazu noch Wein oder Bier getrunken haben.
19 Sechsjährige hatten Schnaps getrunken und wir wissen auch, dass 14 Wein, Bier und Schnaps tranken. Bleiben fünf, die entweder nur Schnaps, nur Wein und Schnaps oder nur Bier und Schnaps getrunken haben. Davon hängt auch ab, wie viele Schüler abstinent bleiben mussten.
Im Extremfall, wenn die fünf nur Schnaps getrunken hatten, dann haben von 54 Schülern immerhin 32 gebechert, nur 22 blieben abstinent. Hatten alle fünf dagegen noch Wein oder Bier getrunken, dann war immerhin genau die Hälfte dem Alkohol fern geblieben.
Interessant ist dabei, dass also mindestens 22 Schüler keinen Tropfen Alkohol tranken, 19 dagegen Schnaps, Bier und Wein. Offenbar gingen die Meinungen über Erziehungsstile auch damals schon weit auseinander. Unklar bleibt natürlich, wie viele Schüler ihren Alkoholkonsum entweder verheimlicht haben oder umgekehrt übertrieben haben.
Die meisten dürften so oder so nicht am Alkohol gestorben sein, sondern daran, dass zwölf Jahre später, pünktlich zu ihrem 18ten Geburtstag, der Erste Weltkrieg ausbrach.
Einen etwas anderen Hintergrund hat die Diskussion über die Verdreifachung der Kinder und Jugendlichen mit Alkoholproblemen im bayerischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen im Jahr 2013. Dort hatte eine Statistik über einen alarmierender Anstieg der unter 18-Jährigen, die mit Alkoholproblemen ins dortige Kreiskrankenhaus kamen, den Landkreis in Atem gehalten. Die Medien berichteten umfangreich, die Stammtische nahmen sich des Themas ausführlich an und das Landratsamt setzte Sonderarbeitsgruppen ein. Jetzt stellte sich heraus, dass der zuständige Mitarbeiter im Landratsamt sich verrechet hatte. Statt der Verdreifachung gab es einen leichten Rückgang.
Hallo Sebastian,
Sie haben offenbar den Beitrag nicht aufmerksam gelesen. Die zitierte Statistik ist rund 100 Jahre alt. Die Altersbeschränkung auf 18 oder gar 21 wie sie zum Teil in den USA üblich ist, halte ich aber für falsch. Pubertierende wollen Dinge ausprobieren, mal sollte sie in diesem Alter daher auch das erste Mal (begleitet) Alkohol trinken lassen, damit sie das nicht heimlich tun.
Es ist furchtbar, dass so etwas überhaupt möglich ist. Maßvoller Alkoholkonsum ab 18 ist in Ordnung. Alles andere ist einfach unverantwortlich.
Mit besten Grüßen,
Sebastian
[…] verteilen, zumal bei der Gesamteinwohnerzahl ja auch Kinder mit enthalten sind. Anders als noch vor 100 Jahren trinken die heute kaum noch […]
Man sollte nicht vergessen, dass die Daten vom Beginn des 20. Jahrhunderts sind, also über 100 Jahre alt.
Ganz schön erschreckend, wenn Kinder schon zum Alkohol greifen! 🙁 Da macht man sich echt Gedanken! 🙁 LG Astrid