Vor rund eineinhalb Monaten habe ich über eine Tabelle auf Wikipedia berichtet, die eine etwas veraltete Sicht auf das Thema Ungleichheit in der Welt bietet („Wikipedia nicht ganz aktuell„). Japan erscheint dort besonders gleich, vor allem aber deshalb, weil die Daten für dieses Land noch aus den 1990er Jahren stammen. Nun wurde ich mehrfach gefragt, ob ich nicht eine aktuellere Liste beisteuern könnte. Das tue ich hiermit.
Ich habe dafür die Daten aus dem World Fact Book der CIA genommen. Auch dort gibt es natürlich Daten aus unterschiedlichen Jahren, sie sind aber relativ weit zusammen, so dass sie relativ gut vergleichbar sind.
Besonders hoch ist die Einkommens-Ungleichheit, gemessen mit dem Gini-Koeffizienten, demnach in afrikanischen Staaten. Darunter ist erstaunlicherweise auch das Musterland Botswana. Möglicherweise liegt das daran, dass erst ein bestimmtes Maß an Industrialisierung vorhanden sein muss, um Ungleichheit zu haben. Überwiegend kleinbäuerlich geprägte Länder sind zwar meist arm, aber nicht ungleich. Allerdings muss man dazu sagen, dass für einige Staaten wie Angola und Äquatorial-Guinea erst gar keine Daten vorliegen. Dort gibt es Öl, dessen Einnahmen aber überwiegend in der Hand sehr weniger Menschen landen, vermutlich dürfte hier die Ungleichheit ebenfalls hoch sein.
Neben afrikanischen Staaten finden sich auf der Liste die üblichen Verdächtigen aus Südamerika, Brasilien beispielsweise schaffte es zwar nicht unter die Top 10, landet aber auf Platz 16. Die USA sind mit einem Wert von 45,0 gegenüber den 51,9 in Brasilien und den 63,1 in Südafrika sogar besonders gleich. Zur Erinnerung: Eine völlig gleiche Gesellschaft hätte einen Wert von 0,0, ein Land, indem das gesamte Einkommen sich in der Hand einer Person befindet, hätte einen Wert von knapp unter 1,0 beziehungsweise von knapp unter 100,0, wenn die Werte wie hier in Prozent dargestellt werden.
Als noch ungleicher weißen einige Statistiken übrigens die Seychellen aus, die CIA führt aber für das Land keine Daten auf. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht, denn bei gerade mal 90.000 Einwohnern kann schon ein Millionär alles durcheinander bringen. Ich habe in meiner Grafik generell nur Staaten ab einer Millionen Einwohner aufgeführt.
Unter den gleichsten Staaten der Welt finden sich dagegen ausschließlich solche aus Europa, vor allem aus Skandinavien und Osteuropa. In Staaten wie Tschechien oder Slowenien haben sich oft noch keine so großen Vermögen gebildet wie in Ländern, die schon länger marktwirtschaftlich sind, entsprechend gibt es auch wenig Menschen mit hohen Kapitaleinkünften. Dass aber eine sozialistische Vergangenheit keine Garantie für Gleichheit ist zeigt das Beispiel Russland, dass mit einem Gini-Koeffizienten von 42,0 Prozent ähnlich ungleich ist wie die seit Jahrhunderten kapitalistischen USA. Auch die Volksrepublik China ist laut CIA mit einem Wert von 47,3 Prozent deutlich ungleicher als die seit langem marktwirtschaftliche Republik China (Taiwan) mit 34,2 Prozent. Die Sonderwirtschaftszone Hong Kong gehört sogar zu den ungleichsten Ländern der Welt, während die Sonderwirtschaftszone Macao mit einem Wert von 35,0 Prozent vergleichsweise gleich ist.
Deutschland verpasst den Sprung unter die zehn gleichsten Länder und landet auf Rang elf unter allen von der CIA aufgeführten Ländern mit mehr als einer Million Einwohnern. Damit ist Deutschland zwar ungleicher als Österreich oder Slowenien, erstaunlicherweise aber gleicher als beispielsweise die Niederlande. Platz eins aber halten die Schweden.
[…] Polybos denkt aber weniger an die Institutionen, als vielmehr an die Bürger selbst. Denken sie bei der Wahl nur an die nächste Rentenerhöhung oder auch an die Zukunft des Landes, an sozialen Ausgleich und sogar die Menschen anderer Länder? […]
Hallo Herr Fix, da haben Sie recht, hier geht es um Einkommen. Die Vermögen sind dabei natürlich trotzdem interessant, weil aus hohen Vermögen auch meist hohe Einkommen stammen (sonst haben sie einen ziemlich miesen Anlageberater). Aber das sollte man natürlich stärker rausstellen, ich habe deshalb nachträglich noch mal einen Halbsatz eingefügt. Die Vermögensungleichheit steht auch auf meiner To-Do-Liste, insgesamt sind Vermögen deutlich ungleicher verteilt als Einkommen, in Deutschland ist der Unterschied aber besonders groß. Das hat teilweise mit dem Rentenversicherungssystem zu tun, weil Ansprüche aus Renten und Pensionen nicht als Einkommen zählen, teilweise wohl aber auch mit dem Steuersystem und womöglich auch mit mangelnder sozialer Durchlässigkeit zu tun. Aber das müsste man sich natürlich mal genauer ansehen. Steht wie gesagt auf meiner Liste, ist aber mit sehr viel Recherche verbunden.
Die Süddeutsche zeitung – ich hoffe, ich begehe hier kein Leistungsschutz-Verbrechen – nennt für Deutschland 0,78 und das weicht dann doch ein bisserl von den 0,28 der obigen Tabelle ab.
Des Rätsels Lösung: es gibt zwei Ginis – einen für Einkommen (DE ganz gut) und einen für Vermögen (DE ganz übel). Sie haben den Einkommensgini zitiert, sprechen aber stellenweise von Vermögen. Man sollte das aufdröseln.