Warum sind viele Länder trotz vieler Rohstoffe arm? Dafür gibt es viele Gründe, zumindest einer ist aber auch, dass der scheinbare Rohstoffreichtum vieler Länder ein statistischer Irrtum ist.
In der Gedankenwelt der Stammtische und Facebook-Foren dreht sich fast alles in der Politik um Rohstoffe. Kaum eine Krise oder ein Krieg, bei dem nicht jemand sofort weiß, „um was es wirklich geht“. Seltene Erden, Rohöl, Mangan…
Tatsächlich wären Politiker ziemlich dumm, wenn sie heute noch Kriege um Rohstoffe führen würden. Ihre strategische Bedeutung ist heute meist relativ gering. Arm ist das Land, das nichts außer Rohstoffe hat.
Schnell fällt da das Schlagwort „Afrika“. Der Kontinent steht ja ohnehin oft immer noch für Krisen und Probleme und scheint nicht viel zu bieten außer Sonne, gute Sportler und eben Rohstoffe.
Nun will ich gar nicht darauf eingehen, dass man dem Erdteil damit natürlich Unrecht tut, weil es auch auf ihm mehr als nur Krisen gibt. Denn im Schnitt ist das harte Urteil über die wirtschaftliche Situation Afrikas leider nicht ganz falsch. Unter den Nationen mit dem niedrigsten Entwicklungsstand befinden sich auffällig viele afrikanische Länder. Auch die von Paul Collier definierten „Länder der untersten Milliarde“ sind vor allem aus Afrika und wer im World Factbook der CIA die zehn Nationen mit dem niedrigsten Bruttospzialprodukt pro Kopf (in Kaufkraft-Paritäten) sucht, erhält sogar ausschließlich Länder aus Afrika, darunter auch die rohstoffreiche Demokratische Republik Kongo. Nicht übrigens das Nachbarland Republik Kongo, das zumindest im Durchschnitt deutlich wohlhabender ist.
Warum ist das so? Warum hat Afrika so viele Rohstoffe und ist doch so arm? Die Antwort darauf ist zweigeteilt. Die eine ist wenig spannend, da mittlerweile allgemein bekannt (außer in Facebook-Diskussion): Rohstoffe machen nicht zwangsläufig reich. Und da wo sie reich machen, kommt das nicht zwangsläufig der Bevölkerung zugute.
Das lässt sich natürlich schwer in harten statistischen Daten ausdrücken. Zumal viel auch von der staatlichen Verwaltung abhängt. Wo die Verwaltung gut arbeitet, wie in Norwegen, können die Rohstoffe eine Quelle von Wohlstand sein. Auch das afrikanische Botswana scheint seine Sache in dieser Hinsicht gut zu machen.
Andere Länder wie Äquatorial-Guinea sind tatsächlich wohlhabend geworden, das kaufkraftbereinigte Bruttosozialprodukt liegt dort über dem von Polen, Tschechien oder auch Portugal. Allerdings nur im Durchschnitt, weil die Einkommen aus der Erdölforderung sehr ungleich verteilt sind. In wieder anderen Ländern wie dem Kongo scheinen die Rohstoffe ein Quell ständiger Bürgerkriege und Machtkämpfe zu sein.
Unterm Strich kommt der Entwicklungs-Ökonom Paul Collier zu dem Ergebnis, dass Rohstoffreichtum der Wirtschaft eines Landes öfter schadet als nutzt. Er spricht in diesem Zusammenhang vom Ressourcenfluch. Aber wie gesagt trifft das nur überwiegend zu, letztendlich hängt vieles von der Qualität der Regierung und der öffentlichen Institutionen ab.
Deshalb will ich endlich zu einem Punkt kommen, der sich wirklich mit harten Zahlen diskutieren lässt. Der Rohstoffreichtum vieler armer Länder ist nämlich nur ein statistischer Irrtum. In Afrika ist der Wert der entdeckten Bodenschätze pro Quadratkilometer relativ gering. Der Entwicklungsökonom Paul Collier von der Oxford University legte den Wert der entdeckten Bodenschätze auf die Fläche der OECD-Staaten und der Länder Afirkas um. In den Ländern der OECD schlummerten zu den damals aktuellen Marktpreisen Rohstoffe im Wert von 114.000,- US-Dollar je Quadratkilometer im Boden. In Afrika betrug der Wert der entdeckten Bodenschätze nur 23.000,- US-Dollar je Quadratkilometer.
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Wie kann das sein? Nun, zunächst liegt die Betonung auf „entdeckte Bodenschätze“, die OECD-Staaten sind einfach besser auf Rohstoffe hin untersucht. Paul Collier vermutet, dass die Unterschiede zwischen Afrika und der OECD letztendlich nur das Ergebnis unterschiedliche intensiver geologischer Untersuchungen sind. Länder wie Deutschland sind einfach besser untersucht als etwa die Sahara. Vermutlich gibt es also in Afrika nicht weniger Bodenschätze als anderswo – aber eben auch nicht mehr.
Das Afrika aber auch andere arme Länder so reich an Bodenschätzen wirken ist eine statistische Fehlinterpretation. Wer sich die Handelsbilanzen dieser Staaten ansieht, der sieht tatsächlich Bodenschätze als wichtigstes Exportprodukt. Doch das ist keine Folge von Rohstoffreichtum, sondern einer schwachen Wirtschaft. Etwas genauer kann man vier Gründe finden, die aber mehr oder weniger alle um dieses Thema kreisen:
- Wenig Einwohner pro Quadratkilometer
- Geringer Verbrauch an Rohstoffen
- Große Bedeutung der Rohstoffe für die Volkswirtschaft
Die Einwohnerdichte ist natürlich ein wichtiger Punkt. Auch 23.000,- US-Dollar Bodenschätze je Quadratkilometer sind viel, wenn je Quadratkilometer nur eine Person wohnt – und nicht 229 wie in Deutschland oder gar 1.223 wie in Bangladesh. Auf der Liste der am dichtest besiedelten Länder befindet sich übrigens auch eine afrikanische Nation, nämlich Ruanda. Tatsächlich wird das Land immer wieder als rohstoffarm beschrieben. Vor allem aber ist klein und hat trotzdem viele Einwohner.
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Dann ist da der zweite Punkt, der Eigenverbrauch. Die USA sind eines der größten Erdölförderländer der Welt – im Jahr 2013 die Nummer drei nach Russland und Saudi-Arabien. Nur verbrauchen sie einen Großteil gleich selbst. Mit anderen Worten: Je schwächer die Wirtschaft eines Landes, desto höher ist der Anteil der Förderung die exportiert wird.
Schließlich der dritte Punkt: Selbst wenn die USA genauso viel Erdöl exportieren würde wie, sagen wir Kamerun, wäre das in der Exportbilanz nur ein kleiner Posten. Er würde kaum auffallen, anders als in Ländern mit geringer Wirtschaftskraft.
Man könnte noch einen vierten Punkt diskutieren, nämlich die Tatsache, dass in Ländern mit schwacher Wirtschaftskraft Löhne und meist auch Umwelt- und Sozialstandards niedriger sind. Das macht den Abbau von Rohstoffen oft teurer. Allerdings hat es im Regelfall ja auch Gründe, warum ein Land eine schwache Wirtschaft, meist Misswirtschaft und Korruption. Das wiederum macht diese Länder auch für die Rohstoffindustrie meist unattraktiv.
Der vermeintliche Rohstoffreichtum vieler Entwicklungsländer ist also meist die Folge einer dünnen Besiedlung und einer schwachen Wirtschaft. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Rohstoffreichtum in vielen Fällen auch ein Fluch ist, weil er die Ursache für Kriege ist und die Einnahmen aus den Rohstoffen Wechselkurse und Löhne nach oben treiben – und damit die Verarbeitende Industrie konkurrenzunfähig machen.
[…] einzelner lenken oder möglichst viele Menschen daran beteiligen sollen. Der vorhin zitierte Entwicklungsökonom Paul Collier sieht noch ein paar weitere Einflussfaktoren, stimmt Acemoğlu aber grundsätzlich […]
[…] sogar sagen, dass dies die seltenste Form der Wanderung ist, weil den Menschen in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo (ehemals Zaire) schlicht das Geld fehlt, um die Reise zu […]