Im vergangenen Beitrag ging es um den Wald, genauer gesagt den Waldanteil. Zu meiner eigenen Überraschung habe ich festgestellt, dass der Waldanteil im dicht besiedelten Japan genauso hoch ist wie in Schweden. Das hat mich gleich zum nächsten Beitrag geführt – heute soll es nämlich um die Besiedlungsdichte gehen. Ich entschuldige mich schon mal dafür, hier ein Abfallprodukt aus einem anderen Thema aufzuwärmen, aber wie erwähnt beschäftigt mich meine Arbeit für Mentorium aktuell ziemlich. Dann habe ich auch noch andere Kunden und außerdem zwei Veranstaltungen an der Hochschule, die ich halten muss. Aber ich will darüber nicht klagen, für einen Selbständigen sind viele Aufträge ja immer etwas Gutes.
In der nächsten Woche möchte ich auch noch mal auf den Streit zwischen Fuest und Fratzscher zur sozialen Ungleichheit in Deutschland kommen. Zumindest das ifo-Institut hat mittlerweile geantwortet, das DIW lässt noch auf sich warten. Und weil überall von Big Data die Rede ist, will ich mich einem ähnlichen Thema widmen, nämlich Pig Data.
Aber heute erst mal Besiedlungsdichte. Noch mehr als beim Thema Wald gilt hier natürlich, dass es hier nur um Durchschnittswerte geht. Selbst in Deutschland gibt es deutliche Unterschiede. Rund 36 Menschen leben durchschnittlich auf einem Quadratkilometer im Landkreis Prignitz in Brandenburg, 4.600 sind es in München. Lässt man die kreisfreien Städte außen vor, dann ist der Landkreis Mettmann mit 1.173 Einwohnern pro Quadratkilometern besonders dicht besiedelt.
Auch hier muss man wieder einschränken, dass es wieder Sonderfälle gibt. Die Stadt Hamburg beispielsweise, die mit 2.334 Einwohnern nur rund halb so dicht besiedelt ist wie München. Gibt es hier niedrigere Häuser oder mehr Platz? Wer mit der S-Bahn nach Bergedorf fährt, der fährt tatsächlich noch an Wiesen und Feldern vorbei, obwohl Bergedorf noch zur Stadt Hamburg gehört. Doch der Hauptgrund für die im Vergleich zu München viel geringere Besiedlungsdichte ist der Hafen. Der nimmt viel Platz weg, auch wenn da niemand wohnt.
Trotzdem ist die Besiedlungsdichte kein schlechter Indikator, wenn man für seinen Urlaub ein Fleckchen mit viel Platz sucht. München, Berlin und Herne sollte man dann meiden, der Uckermark-Landkreis, Ostprignitz-Ruppin, der Altmarkkreis und Prignitz sind dagegen gute Adressen.
Dabei ist Deutschland insgesamt vergleichsweise gleichmäßig besiedelt. Man denke an Großbritannien oder Frankreich, wo sich ein London oder Paris ein großer Teil der Bevölkerung tummelt. Stark ist das Phänomen auch in den USA ausgeprägt, wo es mit Los Angeles und New York riesige Ballungsräume gibt, während in anderen Teilen des Landes niemand wohnt. Das hat auch mit der Tradition als Einwanderungsland zu tun, Migranten zieht es damals wie heute vor allem in die Städte, das Bild vom deutschen Auswanderer, der in Nordamerika eine Farm gründet beschreibt die Lage im 19. Jahrhundert vermutlich schlechter als das von dem, der sich in der Lower East Side in New York niederlässt.
Aber wie sieht es auf globaler Ebene aus? Welche Länder sind besonders dicht besiedelt? Im Durchschnitt versteht sich. Die Antwort fällt unterschiedlich aus, je nachdem ob man eine deutsche oder eine angelsächsische Quelle heranzieht. Nicht, weil die Daten unklar wären, sondern weil sowohl die CIA (Worldfactbook) als auch die Weltbank (World Bank Open Data) abhängige Gebiete wie Kolonien oder die chinesischen Sonderwirtschaftszonen aufführen, während sie in den Listen des Statistischen Bundesamtes oder des Fischer Weltalmanach nicht auftauchen.
Ganz vorne steht bei der Weltbank, die übrigens ein sehr gutes und sehr schön aufbereitetes Datenangebot hat, die chinesische Sonderverwaltungszone Macau mit 19.393 Einwohnern je Quadratkilometern. Es folgt Monaco mit 18.866 Einwohnern, wobei offen bleibt, wie viele davon vor allem aus steuerlichen Gründen in Monaco gemeldet und einen großen Teil des Jahres unterwegs sind. Es folgen Singapur mit 7.829 und Hongkong mit 6.958 Einwohnern. In den deutschen Quellen seht natürlich Monaco ganz oben, denn Macau ist ja, ebenso wie Hongkong, eine chinesische Sonderverwaltungszone.
Stadtstaaten also, das ist wenig überraschend. Auch Inselstaaten wie die Malediven, Bahrein und Malta liegen ganz vorne. Sie sind formell keine Stadtstaaten, aber von der Größe her alle kleiner als Hongkong (rund 1.100 Quadratkilometer) oder Singapur (rund 720 Quadratkilometer), ja auch als Berlin, dass mit rund 890 Quadratkilometern sogar größer ist als Singapur. Spannender ist die Frage, welche Länder die kein Stadtstaat sind oder von der Größe einem entsprechen am dichtesten besiedelt sind.
Wobei es keine Rolle spielt, ob wir die Grenze bei 1.100 Quadratkilometern ziehen (der Größe Hongkongs), bei 5.000 Quadratkilometern oder 10.000 Quadratkilometern – ebenso wenig wie die, ob wir abhängige Gebiete wie Kolonien und Sonderverwaltungszonen einbeziehen (wie die Weltbank und die CIA) oder nicht. Das am dichtest besiedelte Flächenland ist immer Bangladesch mit einer beeindruckenden Einwohnerdichte von über 1.200 Menschen pro Quadratkilometer. Das entspricht etwa der Besiedlungsdichte der Stadt Bayreuth oder der Stadt Koblenz. Man kann also fast sagen, dass das Land eine riesige Stadt mit rund 155 Millionen Einwohnern ist. Was natürlich nicht ganz stimmt, aber als Bild um sich das Ausmaß vorzustellen nicht schlecht ist.
Die Daten habe ich übrigens von der Weltbank genommen, der Fischer Weltalmanach kommt nur auf 1.050. Das liegt nicht so sehr daran, dass die Daten drei Jahre älter sind. So schnell wächst die Bevölkerung selbst in Bangladesch nicht. Dass sie überhaupt noch relativ stark wächst liegt auch weniger an der hohen Kinderzahl aktuell, sie liegt mit 2,2 Kindern je Frau laut Weltbank unter der im benachbarten Indien (2,4) und auch unter der weltweiten (2,5), sondern vor allem an der hohe Zahl von jungen Frauen. 1980 hatte jede Frau dort im Durchschnitt 6,4 Kinder, die jetzt selbst Kinder haben.
Allerdings ist die Datenlage nicht immer perfekt, wie auch die Frage nach Platz drei zeigt. Platz zwei geht unzweifelhaft an Taiwan, oder wie es offiziell heißt die Republik China. Dort wohnen im Schnitt rund 650 Menschen je Quadratkilometer. Das geht allerdings nur aus dem Fischer Weltalmanach hervor, die Weltbank dagegen führt zwar Hongkong auf, nicht aber Taiwan, das ja von der Volksrepublik China als abtrünnige Provinz betrachtet wird.
Doch Platz drei geht einmal an die Republik Korea (Südkorea) und einmal an den Libanon. Denn die Daten für letzteren schwanken zwischen beiden Quellen deutlich, weil keine Einigkeit darüber herrscht, wie viele Menschen denn nun in dem Land leben. So oder so sind beide Länder aber extrem dicht besiedelt. Als einziges europäischen nach lauter asiatischen Ländern kommen die Niederlande, dann mit Ruanda sogar ein afrikanisches Land. Unser südlicher Nachbarkontinent ist eigentlich recht dünn besiedelt, Ruanda ist aber eine der Ausnahmen. Das könnte sich aber bald ändern, denn Afrika ist der einzige Erdteil, wo die Geburtenrate in den meisten Ländern noch fast so hoch liegt wie 1980, ja selbst gegenüber 1960 kaum gefallen ist. Das trifft nur für wenige Länder zu, die mit Ausnahme von Schweden überwiegend in Afrika liegen.
Beeindruckender als die hohe Besiedlungsdichte der Niederlande oder von Ruanda ist aber die von Indien. Sie ist mit rund 380 Einwohnern deutlich höher als in Deutschland mit 230 Einwohnern pro Quadratkilometern und übertrifft sogar die von Japan (338 Einwohner pro Quadratkilometer). Das ist in etwa so, als ob in Deutschland rund 135 Millionen Menschen wohnen würden.
Beeindruckend ist das vor allem, weil Indien so groß ist. Mit 3,3 Millionen Quadratkilometern ist es rund ein Viertel kleiner als die EU (4,4 Millionen Quadratkilometer), hat aber mehr als doppelt so viele Einwohner. Längst ist China nicht mehr das einzige Land mit mehr als einer Milliarde Einwohnern, schon 1998 hat auch Indien diese Grenze überschritten. Aktuell (2015 nach Weltbank) sind es dort 1,31 Milliarden. Es ist also ein sehr großes Gebiet, das hier so dicht besiedelt ist, auch wenn das natürlich wieder nur im Mittelwert gilt.
Wobei man sagen muss, dass es auch in der Volksrepublik China sehr große, sehr dicht besiedelte Gebiete gibt. Zwar ist das Land im Durchschnitt mit 140 Einwohnern je Quadratkilometer dünner besiedelt als Deutschland, das liegt aber vor allem an den westlichen Provinzen wie Tibet, wo nur zwei Einwohner je Quadratkilometer leben. 1,22 der 1,37 Millionen Menschen leben aber auf einem Gebiet, das geringfügig kleiner ist als Indien. Auch hier gibt es also Regionen, die über sehr weite Strecken sehr dicht besiedelt sind. Insgesamt ist China nur fast dreimal so groß wie Indien (von der Fläche), was den geringen Durchschnitt erklärt. Vereinfacht gesagt: 90 Prozent der Menschen leben auf rund 30 Prozent der Fläche und die übrigen 10 Prozent auf rund 70 Prozent. In einem Beitrag über Städte hatte ich einmal den Fall der Stadt Hulun Buir in der Inneren Mongolei, einer Provinz der Volksrepublik China. Diese „Stadt“ ist etwa so groß wie die alte Bundesrepublik, hat nur 2,7 Millionen Einwohner.
Was lernen wir daraus? Zunächst einmal, dass alle Daten hier nur Durchschnitte sind und es in den meisten größeren Ländern sowohl Ballungsräume als auch dünner besiedelte Gegenden gibt. Allerdings schafft kein Landkreis in Deutschland es nur annähernd auf jene drei Einwohner, die in Australien oder Island durchschnittlich je Quadratkilometer leben, selbst der am dünnsten besiedelte Landkreis kommt auf mehr als das zehnfache. Insofern sind die Daten doch nicht so schlecht. Wer es gerne kuschelig mag, der sollte sich auf dem indischen Subkontinent umtun, wer lieber etwas mehr Einsamkeit hat dagegen die Mongolei, Namibia, Australien oder Suriname ansteuern. Oder aber einige auch sehr große und sehr dünn besiedelte Gegenden wie Tibet oder Sibirien, die hier nicht auftauchen, weil sie keine eigenständigen Staaten sind.