Die letzten Wochen hatte ich es endlich wieder geschafft, jede Woche einen Blogbeitrag zu veröffentlichen. Leider muss ich jetzt schon ankündigen, dass ich wohl die nächsten Wochen aus privaten Gründen etwas Pause machen werde. Heute aber gibt es noch mal einen Beitrag zum Thema Haushaltsgröße.

Warum Haushaltsgröße – ist das überhaupt spannend? Tatsächlich hängt von der Größe der Haushalte einiges ab. Beispielsweise auf dem Wohnungsmarkt. Warum gibt es trotz stagnierender Bevölkerung zu wenige Wohnungen? Ein Grund sind die regionalen Unterschiede. Freie Wohnungen in Suhl nützen wenig, wenn Münchener sich ein eigenes Haus wünschen.

Wohnen
Schönes Umland, aber zum täglichen Pendeln nach München oder Stuttgart ganz schön weit weg: Suhl. Foto: Felix O.

Ein weiterer Grund ist aber auch die veränderte Haushaltsgröße. Seit 1991, dem ersten Jahr mit gesamtdeutschen Daten, ist die Bevölkerung um 2,4 Prozent gewachsen, die Zahl der Haushalte aber um 15,7 Prozent. Ein Trend, der bereits seit 1961 besteht, dem Jahr in dem die ersten Daten vorliegen (nur für Westdeutschland). Von 1961 bis 1989 stieg die Zahl der Menschen in Deutschland um 10,8 Prozent, die Zahl der Haushalte aber um 42,8 Prozent.

Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, sondern auch auf die sozialen Sicherungssysteme und die Armut. Denn Menschen in Ein-Personen-Haushalten sind öfter arm. Natürlich stellt sich hier die Frage nach Ursache und Wirkung. Und tatsächlich scheint zumindest für Männer zu gelten, das Männer mit geringem Einkommen öfter alleine bleiben als solche mit viel Geld. Hinzu kommt, dass es unter Umständen für ein junges Paar sinnvoll sein kann nicht zusammen zu wohnen, wenn ein Partner Sozialhilfe erhält.

Es ist aber durchaus plausibel, dass es vor allem den umgekehrten Zusammenhang gibt: Wer alleine lebt, wird schneller arm. Denn erstens fehlt dann der Partner, der ein geringes Einkommen eventuell ausgleichen kann. Vor allem aber ist alleine leben teuer – und die Armutsquoten berücksichtigen das mit dem Nettoäquivalenzeinkommen. Ein alleine lebender Mensch ist ab einem Einkommen von etwa 900,- Euro arm, ein Paar ab einem gemeinsamen Einkommen von etwa 1.450,- Euro. Zwei Menschen mit einem Nettoeinkommen von je 800,- Euro sind deshalb arm, wenn sie getrennt leben, aber nicht arm, wenn sie gemeinsam wohnen. Hört sich sonderbar an, ist aber sinnvoll, denn tatsächlich braucht man weniger Geld, wenn man sich eine Waschmaschine, ein Auto oder einen Fernseher teilen kann.

Natürlich ist nicht jeder Zwei-Personen-Haushalt ein Paar, es kann auch ein alleinerziehender Vater mit einem Kind sein – oder natürlich eine alleinerziehende Mutter, was deutlich häufiger vorkommt. Daten zum Haushaltstyp gibt es auch, aber das kommt vielleicht ein anderes Mal.

Denn jetzt habe ich viel davon geschrieben, warum Haushaltsgrößen nicht so langweilig sind, wie es scheint, aber wenig darüber, wie sie sich verändert haben.

Betrachtet man die Daten seit 1961, dann fallen vor allem der Aufstieg der Ein-Personen-Haushalte und der Niedergang der Haushalte mit fünf oder mehr Menschen auf. Erstere machten 2015 rund 41,4 Prozent aller Haushalte aus, 1961 waren es noch 20,6 Prozent gewesen. Fünf Personen oder mehr leben aber nur in 3,2 Prozent der Haushalte, 1961 waren es 14,3 Prozent gewesen.

Haushaltsgröße Statistik Grafik
Anteil der Haushalte mit der unten angegebenen Zahl von Personen an allen Haushalten im Jahr 2015 (blau) und 1961 (grau). 1961 nur alte Bundesrepublik. Quelle: Statistisches Bundesamt

Auch der Anteil der Zwei-Personen-Haushalte ist angestiegen, von 26,5 auf 34,2 Prozent. Wobei diese Haushalte im Jahr 1961 noch die größte Gruppe waren. Nach wie vor lebt allerdings die Mehrheit der Menschen in Haushalten mit zwei Personen. Denn davon gibt es zwar weniger, dafür leben aber darin doppelt so viele Menschen. Rund ein Drittel der Deutschen lebt in Haushalten mit zwei Personen, die übrigen Haushaltstypen liegen um 20 Prozent, nur die mit fünf Personen oder mehr fallen ab, etwas weniger als zehn Prozent leben darin.

Haushalte mit mindestens fünf Menschen sind also die großen Verlierer, heute gibt es in der gesamten Bundesrepublik einschließlich der neuen Bundesländer nur rund die Hälfte der Haushalte dieser Größe, die es 1961 alleine im Westen gab.

Woran liegt das? Natürlich spielen veränderte Lebensgewohnheiten eine Rolle. Man trennt sich leichter, wohnt länger alleine ehe man mit einem Partner zusammenzieht und wird außerdem älter. Denn auch ein Ehepaar mit drei Kindern, das einmal einen Fünf-Personen-Haushalt bildete, wird irgendwann ein Zwei-Personen-Haushalt, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Stirbt ein Partner, bleibt ein Single-Haushalt. Und natürlich spielt beim deutlichen Rückgang der großen Haushalte aber auch die im Vergleich zu 1961 deutlich niedrigere Kinderzahl eine große Rolle. Wie erst kürzlich dargestellt ist die Familie mit drei oder mehr Kindern mittlerweile auch in den meisten Entwicklungsländern nicht mehr die Regel, weltweit liegt die Geburtenzahl je Frau bei etwa 2,5.

Wobei man nicht vergessen sollte, dass ein Haushalt mit sechs Personen auch aus zwei Kindern, zwei Eltern und zwei Großeltern bestehen kann. Großfamilien waren aber schon in den 1960er Jahren in Deutschland eher die Ausnahme.

Haushaltsgröße Entwicklung
Entwicklung der Haushaltsgrößen. 1991 ist jeweils 100. Rot ist die Gesamtzahl der Haushalte, schwarz sind Haushalte mit einer Person. Je heller der Grauton, desto größer der Haushalt. Hellblau sind die Haushalte mit vier Personen, dunkelblau die mit fünf oder mehr. Quelle: Statistisches Bundesamt

Allerdings sollte man den Einfluss der älter werdenden Gesellschaft auf die Zahl der Ein-Personen-Haushalte auch nicht überschätzen. Die Tatsache, dass geburtenstarke Jahrgänge jetzt über 60 sind, treibt die Zahl der Ein-Personen-Haushalte. Die längere Lebenserwartung sollte dagegen keinen großen Einfluss haben, auch wenn Immobilienmakler, die Ein- oder Zwei-Zimmerwohnungen vermarkten, gerne etwas anders behaupten. Schließlich führt die längere Lebenserwartung auch dazu, dass der Partner später stirbt. Gelänge es die unterschiedliche Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern, also die Gender Live Expectancy Gap, etwas zu schließen, gäbe es sogar weniger Witwen.

Der Trend zu kleineren Haushalten ist schon seit 1961 ziemlich intakt. Betrachtet man die Daten gibt es zwar im Jahr 1991 eine kleine Abnahme der Ein-Personen-Haushalte, das liegt aber daran, dass hier die ostdeutschen Daten erstmals berücksichtigt wurden. Und in der DDR war es weit schwieriger, alleine eine Wohnung zu bekommen.

Ein-Personen-Haushalte
Entwicklung des Anteils der Ein-Personen-Haushalte an allen Haushalten. Ab 1991 einschließlich der neuen Bundesländer. Ab 2005 Jahreswerte statt Stichmonate. 1983 und 1984 Schätzungen. Quelle: Statistisches Bundesamt

Es gibt also einen deutlichen Trend zu kleineren Haushalten in Deutschland. Der hat sich auch in den vergangenen Jahren, trotz wieder steigender Geburtenzahl, kaum abgeschwächt.