Die Diskussion um ein AfD-Verbot nimmt Fahrt auf. Ob ein solches Verfahren dann auch erfolgreich wäre ist unklar, allerdings spricht im Moment einiges dafür. Allerdings bin ich kein Juristen-Blog, daher will ich mich einem anderen Aspekt widmen, nämlich wie ein Verbot den Bundestag und andere Parlamente beeinflussen würde.
Würden die Zusammensetzung der bestehenden Parlamente geändert?
In Sachsen könnte Michael Kretschmer (CDU) alleine regieren, wenn es die AfD im Landtag nicht gäbe. Zumindest rein theoretisch. Denn ob die Abgeordneten ihr Mandat verlieren würden, ist fraglich. Nach Art. 38 Abs. 1 GG sind Abgeordnete des Bundestages „Vertreter des ganzen Volkes“, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das Mandat eines Abgeordneten ist persönlich und unabhängig von der Partei, über deren Liste oder als Direktkandidat er ins Parlament gewählt wurde. Daher bleiben die Mandate in der Regel auch bei einem Parteienverbot bestehen.
Dazu gibt es auch einen Präzedenzfall. Bisher wurden nur zwei Parteien verboten, die Sozialistische Reichspartei (SRP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Die SRP hatte bei ihrem Verbot 1952 in Niedersachsen 16 und in Bremen acht Sitze im Landesparlament. Die Abgeordneten blieben Mitglied auch nach dem Verbot Abgeordnete der Parlamente.
Wie sich die Abgeordneten verhalten würden, ob sie sich bereits im Parlament bestehenden Parteien anschließen würden, anderen Parteien oder parteilos bleiben würden, ist unklar.
Und im Bund?
Auch im Bund ist die Frage nicht ganz einfach zu beantworten. Gehen wir zuerst mal davon aus, dass die bisherigen AfD-Wähler einfach gar nicht wählen würden. Auf Basis einer aktuellen Umfrage von INSA im Auftrag der BILD-Zeitung würde die Union rund 44 Prozent der Sitze erhalten. Die FDP wäre knapp wieder mit dabei und bekäme sieben Prozent der Sitze. Die Linkspartei wäre nach der aktuellen Umfrage draußen, würde aber vermutlich drei Direktmandate gewinnen und deshalb mit vier Prozent der Wählerstimmen und fünf Prozent der Sitze erhalten. Der Anteil an den Sitzen ist natürlich immer etwas höher als an den Stimmen, da nicht alle Parteien ins Parlament einziehen.
Bei diesem Szenario gäbe es eine knappe Mehrheit für schwarz-gelb. Ob das Bündnis dann trotzdem zustande kommt oder die Union nicht lieber trotzdem mit der SPD oder den Grünen regiert, ist eine andere Frage.
Denkbar ist auch, dass die Freien Wähler in Bayern drei Direktmandate erzielen und in den Bundestag einziehen, was hier nicht berücksichtigt ist. Zumal nach dem neuen Wahlrecht die CSU vermutlich ohnehin nicht alle Direktmandate behalten darf. Da wird sich sicher auch manch CSU-Wähler denken, warum er dann nicht lieber den Freien Wählern die Stimme geben soll. Es gibt also viele Unwägbarkeiten, aber es werden noch mehr.
Wie realistisch ist das?
Natürlich werden die Wähler der AfD nicht alle daheim bleiben. Ein Teil dürfte das tatsächlich tun, ein anderer wird Kleinparteien wählen, die nicht über die 5-Prozent-Hürde kommen und so ebenfalls nicht auf die Sitzverteilung einwirken. Aber es gibt noch zwei weitere Möglichkeiten:
- Ehemalige AfD-Wähler können andere Parteien wählen, die aktuell im Parlament währen.
- Sie könnten eine Partei neu ins Parlament einziehen lassen.
Von den AfD-Wählern dürfte wohl vor allem das BSW profitieren, daneben auch die Linkspartei. Somit wären wir wieder in einer Situation, in der klassische Bündnisse wie Schwarz-Gelb nicht möglich sind.
Möglich wäre natürlich auch, dass eine kleine konservative Partei wie Bündnis Deutschland durch den Zustrom ehemaliger AfD-Wähler in den Bundestag einziehen könnte. Das aber scheint mir unwahrscheinlich, bisher ist die Partei nur in Bremen im Parlament vertreten. Außerdem ist unklar, ob die CDU mit einer im Vergleich zur AfD gemäßigteren Partei zusammenarbeiten oder auch hier eine Brandmauer errichten würde.
Fazit
Von einem AfD-Verbot würde vermutlich vor allem das BSW profitieren. Klare politische Fronten wie vor dem Aufstieg der AfD würden vermutlich trotzdem nicht zurückkommen. Ob das Verbot überhaupt Erfolg hätte und ob es die Demokratie stärken oder schwächen würde, sind andere Frage, die nicht in mein Ressort fallen.