Während die Gehaltsauswertung nach Berufsgruppen wie im letzten Beitrag gesehen mit Vorsicht zu genießen ist, kann man einige andere interessante Feststellungen über die Verdienste der Deutschen treffen. Ich nutze dafür aber nicht die Statista-Auswertung, die ich im letzten Beitrag zitiert habe, sondern die Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Wie Beitrag Quellen erläutert sind darin nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigte enthalten, also keine Selbständigen, Beamten und Minijobber. Außerdem werden Teilzeitbeschäftigte nicht berücksichtigt. Denn natürlich kann man das Gehalt eines halbtags Beschäftigten nicht mit dem eines Vollzeiterwerbstätigen vergleichen. Im folgenden habe ich mal die aus meiner Sicht interessantesten Ergebnisse herausgearbeitet. Sie sind nicht immer überraschend, aber trotzdem interessant

Angaben zum mittleren Einkommen beziehen sich übrigens immer auf den Median, nicht auf das arithmetische Mittel (Durchschnitt). Das hat unter anderem den Grund, dass die Daten nach oben hin zensiert sind. Nicht von einer Zensurbehörde, sondern durch das Erhebungsverfahren. Weil nämlich auf Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze keine Sozialversicherungsabgaben mehr gezahlt werden, kennt man von diesen Beschäftigten nicht das genaue Einkommen. Man weiß nur, dass Sie mindestens ein Gehalt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielen. Für den Median spielt das keine Rolle, denn der ist ja bekanntlich als Einkommen der Person definiert, zu der es genauso viele reichere wie ärmere Beschäftigte gibt.

Der Osten liegt noch immer weit zurück

In den neuen Bundesländern liegt das Medianeinkommen bei nur 2.050 Euro, im Westen dagegen bei 2.805 Euro. Bundesweit liegt der Median bei 2.676 Euro. Ohne Berlin (2.510 Euro) würde Ostdeutschland sogar noch deutlich weiter zurück liegen. Der reichste Kreis ist die bayerische Stadtkreis Erlangen (3.852 Euro), der ärmste der Landkreis Rügen in Mecklenburg-Vorpommern mit 1.552 Euro.

Gehälter sanken, Niedriglohnjobs nahmen zu

Nominal haben die Gehälter seit 1999 zwar um rund 15 Prozent zugenommen, allerdings sind die Verbrauchpreise seitdem um rund 17 Prozent gestiegen. Das reale, also inflationsbereinigte Einkommen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ist demnach leicht gesunken. Der Median für das Bruttoeinkommen lag 2009 bei knapp unter 2.700 Euro.

Gleichzeitig ist auch die Zahl der Geringverdiener seit 1999 gestiegen. Das sind nach der Definition der Entgeltstatistik alle, die weniger als zwei Drittel des Medianeinkommens verdienen. Wegen der großen Unterschiede zwischen Ost und West wurde der Anteil für beide Landesteile getrennt auf Basis des jeweilige Medians berechnet. Von 1999 bis 2005 stieg er im Osten von 17,9 auf 21,5 Prozent, im Westen von 16,6 auf 19,1 Prozent. Seitdem hat sich der Anteil im Osten stabilisiert und ist sogar wieder geringfügig auf 21,3 Prozent im Jahr 1999 gesunken. Im Westen stieg er bis 2008 weiter auf 20,3 Prozent an und sank bis 2009 nur geringfügig auf 20,2 Prozent.

Anteil der Vollzeitbeschäftigten mit Niedriglöhnen (weniger als zwei Drittel des jeweiligen Medianeinkommens), Rot = Ostdeutschland (mit Berlin), Blau = Westdeutschland.

Betroffen sind in beiden Landesteilen vor allem Frauen, Ausländer und unter 25-Jährige. Letztere erhalten in beiden Landesteilen – ohne Auszubildende wohlgemerkt – zu fast 50 Prozent Niedriglöhne (Westen 48,7 Prozent, Osten 45,2 Prozent). Das der Anteil im Osten niedriger liegt hat vor allem den Grund, dass der Median hier niedriger liegt und nicht den, dass die Jüngeren hier besser verdienen.

Eine kleine Unschärfe haben wir hier leider. Wie im Beitrag „Daten zum Einkommen – woher?“ dargestellt, haben wir leider vermutlich ein paar Fälle, die als Vollzeit gemeldet sind, aber nur Teilzeit arbeiten. Dadurch dürfte die Niedriglohnquote insbesondere der Frauen etwas überzeichnet sein. Auch die Entwicklung dürfte aufgrund des steigenden Anteils von Teilzeitkräften tatsächlich leicht besser ausfallen. Allerdings dürfte das alleine die steigende Zahl von Niedrigeinkommens-Beziehern nicht erklären.

Ausbildung lohnt sich

Trotz der ständigen Debatte um Praktikanten, Abiturientenschwemme und arbeitslose Akademiker: Ausbildung lohnt sich noch immer. Nicht nur die Arbeitslosenzahl ist niedriger, auch die Einkommen sind höher.

In beiden Landesteilen ist zwar fast jeder Dritte ohne Berufsabschluss zu Niedriglöhnen beschäftigt, aber nur 3,7 (West) beziehungsweise 3,9 Prozent (Ost) der Akademiker. Das Medianeinkommen liegt für Akademiker für Ost und West zusammen bei 4.530 Euro, mit Berufsausbildung bei 2.719 und ohne bei nur 2.324 Euro. Analog zu den Niedriglöhnen lässt sich auch hier das höhere Gehalt von Männern (2.904 zu 2.280), Deutschen (2.697 zu 2.397) und Älteren (ü50: 2.874, 25 bis u50: 2.714, u25: 1.809) feststellen.

Also: Bildung lohnt sich. Statistiker-Blog lesen bildet. Ergo lohnt sich Statistiker-Blog lesen.

q.e.d.