Es ist immer ein schlechtes Zeichen für eine Stadt, wenn der Oberbürgermeister behauptet: „Wir müssen uns nicht hinter Berlin verstecken“. Das heißt nämlich meistens so viel wie „Wir sind noch nicht völlig abgehängt!“
In puncto Mulitikulti trifft das zwar auf viele Städte zu, wie ich hier im Blog schon geschrieben haben, doch das ist meistens nicht gemeint.
Jüngst schrieb eine auch deutschlandweit gelesene Münchner Lokalzeitung, die Stadt an der Isar brauche sich nicht hinter Berlin zu verstecken. Dabei ging es keineswegs um hohe Mieten, wo die Bayern den Berlinern sogar weit voraus sind, sondern um Internet Start-Ups. Auch der Nürnberger Oberbürgermeister gab neulich kund, seine Stadt brauche sich bei IT-Gründungen nicht hinter Berlin zu verstecken (wohingegen er bei Fahrpreiserhöhungen im Nahverkehr recht gehabt hätte, hier hängt Nürnberg Berlin deutlich ab).
Dabei stellt sich auch die Frage: Ist Berlin wirklich ein Start-Up-Mekka? Weder Facebook noch Google, Amazon oder eBay haben ihren Hauptsitz an der Spree, sondern alle an der amerikanischen Westküste.
Tatsächlich steht Berlin in einer Übersicht von SeedTable nicht schlecht da. Mit 216 Gründungen im technischen Bereich liegt die Stadt an der Spree weit vorne. Deutlich abgehängt wird sie allerdings von San Francisco und London. Die Kalifornier deklassieren Berlin richtiggehend, was allerdings wenig erstaunlich ist, denn die Stadt liegt am Rande des Silicon Valley. Bedenkt man, dass Gründungen im eigentlichen Valley, etwa in Palo Alto, noch gar nicht dabei sind, zeigt das die Bedeutung des Standorts.
Erstaunlicher ist, dass das vor allem als Bankenstadt bekannte London so weit vorne liegt, auch wenn die Briten in fast allen Rankings nach New York die zweitbedeutendste Stadt der Welt und mehr als doppelt so groß wie Berlin sind. Allerdings taucht New York in der Liste nicht auf.
Das mag am britischen Zentralismus liegen, wo sich fast alles auf London konzentriert, während es in den USA und Deutschland mehrere starke Wirtschaftszentren liegt. New York konkurriert eben mit San Francisco. Im Vergleich zu Berlin, Paris oder Tokyo dürfte auch die Sprache eine Rolle spielen.
Allerdings hat auch die Datenbasis wohl einen Einfluss. Aufgeführt werden nämlich nur die in der Datenbank Crunchbase aufgeführten Unternehmen. Diese Datenbasis ist leider etwas schwach, ob Berlin wirklich so gut ist oder vielleicht sogar noch besser, wissen wir nicht. Immerhin scheint die Spreestadt aber nicht völlig abgehängt, anders als München, wo man sich schon versichern muss, von Berlin noch nicht deklassiert zu sein.