Rund 2,6 Prozent weniger Menschen als noch 2009 waren im Jahr 2010 von der sozialen Mindestsicherung abhängig, insgesamt 7,6 Millionen Menschen. Diese Zahlen hat jüngst das Statistische Bundesamt veröffentlicht. Doch gleichzeitig sind deutlich mehr Menschen von Leistungen kurz oberhalb der Mindestsicherung abhängig.
Zur Mindestsicherung gehören die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, die Sozialhilfe nach dem SGB XII, Asylbewerberleistungen und die Kriegsopferfürsorge.
Weniger Mindestsicherung, mehr sonstige Sozialleistungen
Grund für den Rückgang ist vor allem die gesunkene Zahl von Hartz IV – Empfängern (-4,4 Prozent). Das Arbeitslosengeld gehört übrigens nicht zu den Mindestsicherungsleistungen, ebenso wenig die gesetzliche Rente oder Krankengeld. Zurückgegangen ist auch die Zahl der Kriegsopfer (-8,8 Prozent), doch diese Leistung fällt kaum ins Gewicht.
Gleichzeitig beziehen aber deutlich mehr Menschen Wohngeld oder Kinderzuschlag. Also Leistungen, die knapp über dem Niveau der Mindestsicherung liegen. Im Falle des Kinderzuschlags muss man sogar sagen, dass Hartz-IV-Empfänger mit hohem Nebeneinkommen auf den gleichen Betrag kommen können.
Kritiker mutmaßen deshalb – vermutlich nicht ganz zu Unrecht, dass der Kinderzuschlag vor allem eingeführt wurde um die Zahl der Familien in der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“) gering zu halten. Würde man die rund 214.000 Kinder und ihre Eltern mitzählen, würde der Rückgang deutlich geringer ausfallen.
Deutlich gestiegen ist auch die Zahl der Empfänger von Wohngeld, allein von 2009 auf 2010 um 5,4 Prozent. Rund 1.061.000 Millionen Haushalte bezogen demnach 2010 Wohngeld. Allerdings ist die Zahl der reinen Wohngeldhaushalte, in denen der gesamte Haushalt Wohngeld erhält, im Vergleich zum Jahresende 2009 nach einem Anstieg in den Vorjahren um 0,3 Prozent auf rund 857.000 Haushalte leicht zurückgegangen. Das sind etwa 2,1 Prozent aller Haushalte.
Dafür gibt es immer mehr Mischhaushalte. Darin bezieht nur ein Teil Wohngeld. Beispielsweise erhält eine Familie die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der 17-Jährige Sohn hat aber einen Ausbildungsplatz. Die Ausbildungsvergütung ist so hoch, dass er kein Hartz-IV, aber Wohngeld bezieht, während der Rest der Familie Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld erhält.
Darum steigt die Zahl der Menschen knapp über der Mindestsicherung
Warum aber sinkt nun die Zahl der Empfänger von Mindestsicherung, aber steigt die Zahl der Wohngeld- und Kinderzuschlagempfänger?
Beim Kinderzuschlag gibt es einen Sondereffekt. Der wurde in der heutigen Form erst 2008 eingeführt. Bei vielen ist die Leistung noch gar nicht bekannt. Je bekannter sie wird, desto mehr Menschen beantragen sie.
Der zweite Grund ist, dass viele Mindestsicherungsleistungen relativ gesunken sind. Die Erhöhung hat nicht mit der Preisentwicklung mitgehalten. Wer eine Lohnerhöhung in Höhe der Inflationsrate bekommen hat, fällt eventuell aus dem Leistungsbezug, ohne wirklich mehr Geld zu haben. Anders als von einigen Politikern behauptet ist der Effekt aber schwach, denn er greift nur bei den wenigen Leistungsempfängern, die genau an der Grenze liegen.
Der Hauptgrund ist wohl, dass Leistungsempfänger Arbeit fanden, die aber schlecht bezahlt ist. Sie schafften den Sprung aus der Grundsicherung, aber nicht die völlige Befreiung von staatlichen Transfers.
Ein Erfolg, weil Wohngeld besser als Hartz IV ist? Und auch Haushalte, die Kinderzuschlag erhalten, mehr Geld haben als der „normale“ Haushalt in der Grundsicherung für Arbeitsuchende? Oder ein Misserfolg, weil die Zahl der Wohngeldempfänger stärker stieg als die Zahl der Mindestsicherungsempfänger sank? Darauf kann die Statistik leider keine Antwort geben.