Statistiker haben es schwer. Stehen Ihre Ergebnisse im Widerspruch zum Volksglauben, werden ihre Ergebnisse angezweifelt. Bestätigen sie die allgemeine Meinung wird ihnen vorgehalten: „Dafür hätte ich jetzt keine Statistik gebraucht“.
Letzteres trifft auch auf ein Ergebnis einer Studie des GfK Vereins zu, dem Mehrheitsaktionär des bekannten Nürnberg Marktforschers GfK SE: Die Deutschen sind Sorgeneuropameister, zumindest was die befragten Länder angeht. Die Forscher des GfK Vereins hatten in verschiedenen Nationen insgesamt 13.200 Menschen die Frage gestellt: „Welches sind Ihrer Meinung nach die dringendsten Aufgaben, die heute in Ihrem Land zu lösen sind?“ Dabei konnten mehrere Antworten gegeben werden.
Demnach sieht keine Nation in Europa skeptischer in die Zukunft als die Deutschen. Das ist nicht überraschend. Nicht umsonst ist das Wort Angst mittlerweile in die englische Sprache eingegangen. Ebenfalls nicht überraschend ist, dass das wichtigste Thema in fast allen Ländern die Arbeitslosigkeit ist. Nur in Großbritannien und in den Niederlanden schafft sie es noch nicht einmal unter die Top 3 der Sorgenhitparade. Dort sind Zuwanderung (Großbritannien mit 25 Prozent) und Kriminalität (Niederlande mit 24 Prozent) die wichtigsten Themen. In Russland ist es die Inflation mit 33 Prozent, dort wird die Arbeitslosigkeit aber mit 27 Prozent gleich an zweiter Stelle genannt.
In Deutschland nennen 66 Prozent der Menschen die Arbeitslosigkeit als Herausforderung. Erstaunlich ist allerdings, dass nur in Spanien mehr Menschen das Problem Arbeitslosigkeit als wichtige Herausforderung nannten. Dort betrug die EU-harmonisierte Erwerbslosenquote allerdings im April 2010 19,7 Prozent gegenüber 7,1 Prozent in Deutschland, das damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 9,7 Prozent liegt. Wohlgemerkt: die Angaben zur Erwerbslosigkeit beziehen sich nicht auf die nationale Arbeitslosenquote, die in jedem Land unterschiedlich erhoben wird und auch in Deutschland immer wieder in der Kritik steht, sondern auf die EU-harmonisierte Erwerbslosenquote, die auf den Kriterien der International Labour Organisation beruht. Trotzdem sorgt sich außer den Spaniern niemand mehr um Arbeitslosigkeit als die Deutschen. Allerdings wird das Thema weitaus seltener genannt als noch Ende der 1990er Jahre, damals waren es 86 Prozent. Es ist nicht verwunderlich, dass die Sorgenkurve sich fast im Gleichklang mit der Arbeitslosenquote entwickelt.
Auch beim Thema Inflation sind die Deutschen Sorgenvizemeister. 24 Prozent nennen die Preisentwicklung als Herausforderung, nur in Frankreich sind es innerhalb der Eurozone mit 26 Prozent noch mehr. Dabei sind die Preise in Deutschland langsamer gestiegen als in den anderen an der GfK-Umfrage teilnehmenden Euro-Ländern. Seit 2005 um 8,2 Prozent. Ähnlich gering war der Preisanstieg in den Niederlanden (8,4 Prozent), dort sehen aber nur 3 Prozent der Befragten in der Kaufkraftentwicklung eine Herausforderung. Im Vorjahresvergleich war die Inflation in Deutschland zwar mit 1,0 Prozent etwas höher in den Niederlanden (0,6 Prozent), aber immer noch deutlich niedriger als in Spanien mit 1,6 Prozent, wo sogar nur zwei Prozent das Thema Preisentwicklung nannten. Am wichtigsten ist die Preisentwicklung übrigens den Russen (33 Prozent). Die gehören allerdings nicht zur Eurozone, dort rollt noch immer der Rubel.
Eher erstaunlich optimistisch sind die Deutschen dagegen beim Thema Bildung. Obwohl die Thematik mit 14 Prozent deutlich häufiger genannt wird als noch vor 20 Jahren – damals waren es nur zwei Prozent – erscheinen den Deutschen nur die Felder Staatsfinanzen (12 Prozent) sowie Politik und Regierung (10 Prozent) als geringere Herausforderung. Damit messen sie dem Thema aber immer noch mehr Bedeutung zu als ihre europäischen Nachbarn, die das Thema mit 7 Prozent Nennungen zum unwichtigsten Problem kürten. In keinem Land wird Bildung so oft als Herausforderung genannt wie in Deutschland.
Die unterschiedlichen Befindlichkeiten in den einzelnen Ländern erkennt man auch daran, in welchem Themenbereich die einzelnen Nationen Sorgeneuropameister sind. Die Deutschen nennen Bildung und Rente öfter als jede andere Nation als Herausforderung, die Österreicher die Zuwanderung, Briten Politik und Regierung. Beim Thema Kriminalität sind es die Niederländer, bei der Preisentwicklung und Wohnungsproblem die Russen, die das Thema am häufigsten nennen. Im Gesundheitswesen stehen dagegen die Polen ganz vorne, bei Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung die Spanier. Nur Schweden, Belgier, Italiener und Franzosen belegen bei keinem Thema den Spitzenplatz im Sorgenmachen.
Falls es mit der Weltmeisterschaft in Südafrika nicht klappt: Wenigstens hier ist Deutschland Europameister.
Weitere Informationen zum Thema:
Studie beim GfK e.V.:
http://www.gfk-verein.de/index.php?article=press_2_&lang=german&f=press
Erwerbslosenzahlen des Statistischen Bundesamtes:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Arbeitsmarkt/ILOArbeitsmarktstatistik/ILOArbeitsmarktstatistik.psml
Preisentwicklung beim Statistischen Bundesamtes:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Preise/Preise.psml
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