Der Begriff Unterbeschäftigung ist leider etwas missverständlich gewählt, andere Quellen bezeichnen nämlich Arbeitnehmer als unterbeschäftigt, die weniger Arbeit haben als sie wollen. Das spielt vor allem bei der Statistik nach internationalen Kriterien eine Rolle (ILO-Kriterien), wo Arbeitnehmer bereits ab einer Arbeitszeit von einer Stunde pro Woche nicht mehr als erwerbslos gelten (bei den Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur für Arbeit ab 15 Stunden).

Außerdem schießt die Bundesagentur für Arbeit in meinen Augen sogar etwas über das Ziel hinaus, wenn sie auch geförderte Selbständige und Menschen in Altersteilzeit mitzählt. Ohne diese wären es aber auch noch 3.812.865 Menschen (Unterbeschäftigung im engeren Sinne).

Bei der Nürnberger Behörde unterscheidet man Arbeitslose + Menschen die im weiteren Sinne arbeitslos sind + Menschen die nahe am Arbeitslosenstatus sind + Menschen die fern vom Arbeitslosenstatus sind. Die erste Gruppe umfasst vereinfacht gesagt Personen, die vor dem Wirken der ersten Merkel-Koalition ab 2005 noch arbeitslos gewesen wären. Darunter fällt auch die in meinen Augen dümmste Sonderregel, nach der Ältere nämlich nach mehr als einem Jahr Arbeitslosigkeit ohne Stellenangebot nicht mehr arbeitslos sind. Oder wie es ein Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit ausdrückte: „Die, die am meisten unserer Vorstellung von Arbeitslosigkeit entsprechen sind nicht mehr arbeitslos“. Eingeführt wurde die Regel, weil die von Helmut Kohl eingeführte Sonderregel, nach der über 58-Jährige Leistungen beziehen können ohne Arbeitsangebote annehmen zu müssen, abgeschafft wurde. Diese Menschen zählten nämlich auch nicht mehr als arbeitslos, wenngleich mit einer gewissen Berechtigung. Allein im vergangenen Jahr sank die Zahl der aufgrund dieser Regel nicht mehr als arbeitslos geführten Menschen um mehr als 91 Prozent, weil keine Neufälle mehr dazu kommen und die Altfälle in Rente gehen.

Zu diesen 341.199 Personen kamen im Februar 454.663 Menschen, die nah am Arbeitslosenstatus sind, das sind vor allem Teilnehmer an Arbeitsmarktmaßnahmen. Weitere 74.997 sind Menschen in der Freistellungsphase der Altersteilzeit und geförderte Beschäftigte. Später kommen auch Kurzarbeiter dazu, für die liegen aber bisher nur Daten bis November vor.

Ich habe mal die Daten etwas anders sortiert, nämlich nach dem Grund der Sonderregel. Die Kategorie 1. Arbeitsmarkt umfasst übrigens den Beschäftigungszuschuss. Den erhalten Arbeitgeber, die besonders Leistungsschwache Arbeitslose beschäftigen. Eingliederungszuschüsse werden dagegen nicht mitgezählt, da sie nur kurzfristig für die Zeit der Einarbeitung gezahlt werden.

Unterbeschäftigung
Unterbeschäftigung im engeren Sinne im Februar 2015. Hellgrau: Arbeitslose; Dunkelgrau: Sonderregeln für Ältere; Schwarz: Weiterbildung und Aktivierung; Gelb: Fremdförderung; Orange: Beschäftigungszuschuss 1. Arbeitsmarkt; Rot: 2. Arbeitsmarkt. Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Veröffentlichung mit Nennung des Statistiker-Blogs frei.
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