Nach einem Beitrag mit Kommentar zum Fachkräftemangel war eigentlich für heute ein anderes Thema geplant. Aber nun hat das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit gerade einen Kurzbericht veröffentlicht, der einfach schön zum voran gegangenen Beitrag passt.

Spannend im Kontext der im Beitrag vom 21. November zitierten Diskussion (Gibt es einen Fachkräftemangel?) sind vor allem zwei Zahlen. 17 Prozent der sofort zu besetzenden Stellen waren auch im Jahr 2009 immer noch schwer zu besetzen, gleichzeitig sind aber rund 49 Prozent aller Neueinstellungen befristet. Das könnte für die Argumentation des DIW sprechen („Es gibt noch keinen Fachkräftemangel“). Wenn Fachkräfte so rar sind, warum gibt es dann noch so viele befristete Stellen? Wären es vor allem die befristeten Arbeitsplätze, die schwer zu besetzen sind, müsste man sagen: „Liebe Arbeitgeber, jammert nicht, schafft unbefristete Jobs“. Möglicherweise sind die Arbeitgeber aber auch so clever, genau das zu tun und 17 Prozent der Stellen sind schwer zu besetzen, obwohl sie unbefristet sind. Leider geht aus dem Bericht nicht hervor, wie sich die schwer zu besetzenden Stellen verteilen.

Wie das DIW kommt das IAB – wenig überraschend – zu dem Schluss, dass das Thema Fachkräftemangel nicht mehr so schwer wiegt wie noch 2007. Damals lag der Anteil schwer zu besetzender Stellen bei 22 Prozent, 2008 noch bei 20 Prozent. Betroffen sind vor allem kleine Unternehmen. Das liegt auf der Hand. Große Unternehmen zahlen meist höhere Löhne, bieten eine höhere Arbeitsplatzsicherheit, Tarifverträge und Betriebsräte. Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern gaben an, im Durchschnitt elf Bewerbungen je Stelle bekommen zu haben, darunter zwei geeignete. Bei Betrieben mit mehr als 250 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren es 36 Bewerber, darunter acht geeignete. Dieses Ergebnis spricht gegen die teilweise im Internet (und manchmal sogar in Zeitungen)  geäußerten Verschwörungstheorien, die Arbeitgeber würden in Umfragen bewusst falsche Antworten geben, um politischen Druck auszuüben. Vielmehr scheint der Facharbeitermangel entweder ein reales Phänomen zu sein, oder er rührt von überzogenen Anforderungen der Arbeitgeber, die am liebsten lauter eierlegende Wollmilchsäue zu niedrigen Löhnen auf befristeten Stellen hätten.

Bemerkenswert ist, dass die Unternehmen gar nicht für Ingenieursberufe den größten Facharbeitermangel erwarten. 90 Prozent der befragten Betriebe erwarten einen Engpass bei Altenpflegern, bei Ingenieurberufen sind es nur 78 Prozent. 2008, also ein Jahr zuvor, erwarteten nur 77 Prozent zu wenig Altenpfleger, aber 80 Prozent zu wenig Ingenieure.

Erfolgreich ist die Bewerbersuche vor allem über interne Kanäle, also Praktikanten (54 Prozent), Empfehlungen von Mitarbeitern (78 Prozent) oder Initiativbewerberungen (50 Prozent). Hier war die Mitarbeitersuche in durchschnittlich 54 Prozent erfolgreich. Bei den Initiativbewerbungen stellt sich aber die Frage, ob es diese nicht ohnehin vor allem in den Berufen gibt, in denen es keinen Facharbeitermangel gibt. Warum auf Verdacht Bewerbungen an Unternehmen schreiben, wenn man täglich drei Anrufe von Headhuntern bekommt? Externe Kanäle waren dagegen nur in 43 Prozent der Fälle erfolgreich. Über dem Schnitt liegen Inserate in Zeitungen (62 Prozent). Auch die Suche über die Agenturen für Arbeit (einschließlich deren Internetdienste – ohne Internet 41 Prozent) war zumindest in jedem zweiten Fall erfolgreich. Dagegen fanden private Arbeitsvermittler (43 Prozent) und Angebote im Internet (35 Prozent, ohne Internet-Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit – hier 32 Prozent) nur in weniger als 50 Prozent den richtigen Bewerber.

4 thoughts on “Wir bleiben beim Fachkräftemangel”
  1. Bei den Ärzten gibts einen Fachkräftemangel, weil die Ärztelobby lange Zeit auch keine Erhöhung der Studienkapazitäten wollte — Konkurrenzfurcht — die wollten nicht, das noch mehr Studienplätze entstehen..

    dann ist das Medizinstudium eines der Teuersten. Ich kenn viele, die das studieren wollten, aber bei dem NC von 1,1 gar nicht reinkommen. Diese weichen dann auf die Pflege aus oder Krankengymnastik oftmals.

    Pflege gibt es nen Mangel, weil der Beruf hohe Belastung mitbringt, dafür schlecht bezahlt ist und keine guten Arbeitskonditionen bietet.

    teilweise hat man bis in den 1990ern Pflegekräfte und Ausbildungsplätze abgebaut! In der Altenpflege auch, dort zahlt man sogar Studiengebühren fürs Lernen des Berufs.

    Das ist tw. ein selbstverursachter Mangel — auch weil alles immer billig sein muss im Segment Soziales, weil da die Ausgaben gedeckelt sind – auf Kosten der MA.

    DE hat sich seit den 1990ern sehr traurig entwickelt — für mich persönlich gibts in DE nichts mehr — ich hab hier weder Aussicht auf anständigen Verdienst, noch Karriere, noch sonstwas — nicht mal Vermögen kann man sich hier noch aufbauen, weil die Löhne nicht mehr angemessen steigen.v

    ich werde wohl die Heimat hier in Nord-DE verlassen und im Ausland einen Neubeginn wagen — manches werde ich in DE auch vermissen, aber man hat keine Wahl mehr. In DE gehts ja rapide bergab: Qualität der Beschäftigungsverhältnisse, mit Familien, Löhne, trotz Studium keine Aufstiegschancen, Generation Mille Euro auch in DE.

    es gibt hier im Norden, wo nicht investiert wird Landkreise, wo schon 35% aller AN nur noch Minijobs finden, bei den Frauen sogar fast jede 2. — deren Arbeitskraft wird zu mehr nicht gebraucht. Sie werden nie Renten bekommen.

    im Ausland gibts keine Minijobs. Das ist ein Indiz für echten Mangel.

  2. ich hab bei der ZAV der ARGE mal angerufen und gefragt, wo der größte Mangel in DE denn sein soll:

    Bäcker und Fleischer sagte sie! Tut mir leid, Fleischer machen bei uns hier in SH Rumänen ohne Ausbildung für 3,77 Euro/Stunde — da sieht man mal, worum es hier geht.

    ein Bekannter von mir ist mit seinem Einsermaster BWL nun seit gut einem Jahr arbeitslos.

    ich arbeite im ÖD:

    Stellenausschreibung Bachelor Ingenieure Berufsanfängerposition:

    3 STellen, 50 Bewerber = kein Mangel.
    1 Stelle Fischereireferendar, höherer Dienst, auch Berufsanfängergeeignet = 73 Bewerber.

    es gibt keinen Mangel, tut mir leid — alles Propaganda.

    im ÖD, wo ich arbeite gehen viele in Ruhestand, aber die meisten werden nicht nachbesezt.

    Hinzu kommt die Schuldenbremse: in unserem Ressort sollen erneut 197 Stellen wegfallen durch Ruheständler — die Aufgaben fallen auch weg.

    ich dann gefragt, ob ich nach meinem Studium (studier nebenbei) ne Chance hab auf Einstieg, arbeite ja eh da, irgendjmenand muss ja die Arbeit machen, dachte ich:

    Pustekuchen — Stelle weg, Arbeit weg. Der Demographische Wandel führt nicht dazu, dass mehr Stellen verfügbar sind, denn mit den Alten gehen die Stellen.

    Nun steh ich nach Studium da ohne Alles — ich werde DE wohl verlassen und es in Norwegen probieren oder DK:

    ich hab Bekannte in No und DK:

    dort läuft es anders ab, dort gibts eher nen Fachkräftemangel. Indizien dafür:

    es gibt keine minijobs, alles sv-pflichtig,
    alles nach Tarif bezahlt, Zeitarbeit verdient genau wie Festangestellte
    die Löhne steigen dort noch
    selbst ältere Arbeitslose ü50 finden in DK und NO noch Stellen, in DE nicht
    lt. Ökonom Posen wird in DE seit 2001 weniger investiert als in allen anderen Ind.ländern.
    Der ÖD wird hier radikal ausgedünnt, anderswo nicht, ist schon einer der kleinsten in den entw. ländern.
    in DE steigen die Löhne nicht
    über 5 Mio. Erwerbssuchende sind inoffiziell noch registriert
    Engpassanalyse der ARGE weist für ca 90% der Berufe Fachkräfteüberschüsse aus

    Automation Technischer fortschritt, auch DL Stellen bei Banken werden gerade tw. hinwegautomatisiert, siehe Commerzbank.

  3. Ganz so ist es auch nicht. Fachkräftemangel gibt es schon jetzt regional und auch außerhalb der Ingenieure. Den größten Mangel gibt es bei den Ärzten aktuell. Allerdings halte ich die Prognosen von einem Fachkräftemangel auf breiter Front in zehn bis 20 Jahren ebenfalls für überzogen. Mit der Zahl der Arbeitnehmer wird auch die Zahl der Jobs sinken und Arbeitslosigkeit wird auch in 20 Jahren noch ein größeres Problem sein als das Fehlen von Fachkräften.

  4. fachkräftemangelmärchen sind ne ganz traurige Sache für viele. Denn sie werden in Wirklichkeit nicht gebraucht.

    nur ingenieure haben einigermaßen gute aussichten

Comments are closed.