Wenn man sich mit den Statistiken über Männer und Frauen auseinandersetzt fällt auf, dass es nicht nur unter den Top-Managern, Spitzenpolitikern und Unternehmensgründern mehr Männer gibt, sondern auch unter den Selbstmördern, Kriminellen und Menschen ohne Schulabschluss.
Frauenlücke bei Führungspositionen
30,5 Prozent der Mandate in Landesparlamenten hatten im Jahr 2017 Frauen inne. In Thüringen werden die oft als Grenze geforderten 40,0 Prozent fast erreicht, dort sind 38,5 Prozent der Abgeordneten Frauen, in Baden-Württemberg sind es dagegen nur 24,5 Prozent. Im Bundestag ist der Frauenanteil mit 30,9 Prozent ähnlich hoch. Erstaunlicherweise ist der Frauenanteil sowohl im Bundestag als auch im Durchschnitt aller Landesparlament von 2015 bis 2017 leicht zurückgegangen.
Bei den obersten Landesbehörden sind sogar nur 25,0 der Führungspositionen mit Frauen besetzt, bei den Bundesbehörden 29,3 Prozent. Auch bei den Professuren mit 23,4 Prozent sind rund ein Viertel der Stellen mit Frauen besetzt.
Allerdings verraten uns die Zahlen zweierlei nicht. Zum Einen ist Führungsposition nicht gleich Führungsposition. Denkbar, dass bei den allerobersten Führungskräften der Männeranteil deutlich höher ist. Zweitens sind viele Positionen seit Jahren besetzt – oder die Besetzung ist die Folge einer jahrelangen Arbeit. Interessant wären Daten über die Neubesetzung von Stellen, sonst bildet die Statistik zum großen Teil die Situation von vor 20 Jahren ab. Außerdem sind auch mehr Arbeitskräfte Männer.
Lohnend ist deshalb ein Blick auf die Juniorprofessuren. Diese Stellen wurden erst in den vergangenen Jahren geschaffen und besetzt. Außerdem muss man nicht 20 Jahre lang darauf hin arbeiten, sondern meist weniger als zehn. Sie sind also ein besserer Indikator für den aktuellen Stand. Hier liegt der Frauenanteil mit 43,3 Prozent tatsächlich deutlich höher. In Schleswig-Holstein sind mit 55,3 sogar mehr Juniorprofessuren mit Frauen als mit Männern besetzt, in Sachsen-Anhalt besetzen Männer dagegen 75,0 Prozent der Stellen.
In der Privatwirtschaft sind 25,9 Prozent der Stellen in der obersten Ebene mit Frauen besetzt. Erstaunlicherweise liegt der Anteil damit auf einem ähnlichen Niveau wie im öffentlichen Dienst. Die Folge aus diesem Unterschied sind höhere Durchschnittsverdienste von Männern.
Mehr Männer ganz unten
Allerdings finden sich auch mehr Männer am unteren Rand der Gesellschaft. Daten dazu zu finden ist etwas schwieriger, da sie sich meistens nicht im Gleichstellungsatlas finden.
Für das Thema Selbstmord wird man in der Statistik zu Todesursachen des Statistischen Bundesamtes fündig. Demnach gab es 2015 genau 10.078 Suizide, dabei beträgt der Männeranteil stattliche 73,4 Prozent. Außerdem bringen sich Männer durchschnittlich früher um, 2006 (damals wurde eine Sonderauswertung zu dem Thema veröffentlicht) lag das Durschnittsalter für Selbstmörder bei 54,7 Jahren, für Selbstmörderinnen bei 59,0 Jahren.
Während sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei Führungspostionen in den vergangenen 40 Jahren deutlich verringert hat, ist er beim Suizid sogar größer geworden. 1980 betrug der Männeranteil nur 63,9 Prozent. Bis Mitte der 1990er Jahre stieg er deutlich über die 70-Prozent-Marke, seitdem ist er relativ stabil.
Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Fest steht, dass die Zahl der Suizide bei den Männern keineswegs angestiegen, sondern nur langsamer gesunken ist als bei den Frauen. 1980 brachten sich noch mehr als 18.000 Menschen um, seit etwa 2005 liegt die Zahl immer um die 10.000 (zum Rückgang der Suizide siehe auch „Selbstmord ist out„). Möglicherweise liegt es am gezielten Schaffen von Hilfeeinrichtungen für Frauen im Zuge der Frauenpolitik, während dergleichen für Männer nicht im selben Umfang geleistet wurde.
Aber auch bei anderen „Problemgruppen“ liegen die Männer vorne. So waren im Jahr 2016 rund 93,9 Prozent der Strafgefangenen Männer. Und 61,3 Prozent der Schüler, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, sind ebenfalls Männer. Bei den Absolventen mit Hochschulreife sind es nur 45,5 Prozent.
Um einen Einwand vorwegzunehmen…
Nun ist die Schlussfolgerung aus diesen Daten schwierig. Für radikale Feministinnen belegen die Daten zu Suiziden, Gefangenen und Schulabsolventen lediglich die natürliche Überlegenheit der Frau. Tatsächlich ist es denkbar, dass eine höhere Kriminalität der Männer auch biologische Ursachen hat. Beispielsweise sieht der Wissenschaftler Robert Sapolsky im Testosteron einen Grund für ein höheres Dominanzstreben von Männern, das unter bestimmten Umständen dann wiederum zu Gewalt und damit zu Gefängnisaufenthalten führen kann (oder dazu selbst Gewaltopfer zu werden).
Allerdings dürfte aufmerksamen Lesern und Leserinnen aufgefallen sein, dass ich in der gesamten Serie mich zu der Frage nach einer biologischen oder gesellschaftlichen Ursache weitgehend nicht geäußert habe. Schließlich gibt es auch Stimmen, die den höheren Männeranteil in Führungspositionen auf das gerade erwähnte höhere Dominanzstreben zurückführen.
In der Praxis ist es nicht so einfach, biologisches und soziales zu trennen, wie beispielsweise die US-Wissenschaftlerin Lise Eliot in „Wie verschieden sind sie?“ schreibt. Ich beschränke mich daher in diesem wie in den vorher gegangenen Beiträgen darauf, Nachteile des einen oder anderen Geschlechts abzubilden.