Deutschland wird ungleicher. Von 1985 bis 2005 ist die Ungleichheit in Deutschland – gemessen mit Hilfe des Gini-Index – deutlich gestiegen. Der Zuwachs liegt sogar über dem OECD-Durchschnitt. Seit 2006 hat sie sich, vor allem aufgrund der steigenden Beschäftigtenquote, zwar wieder geringfügig reduziert, doch möglicherweise ist das nur eine kurze Verschnaufpause. Geholfen haben dürfte zuletzt auch die Wirtschaftskrise. Denn sie traf die Industrie besonders hart und damit eine Branche mit hohen Löhnen. Denn anders als in der Öffentlichkeit wahrgenommen treibt die sozialen Unterschiede nicht nur der Gegensatz von Kapital und Arbeit sowie die Arbeitslosigkeit, sondern auch Einkommensunterschiede zwischen Angestellten in hohen oder niedrigen Positionen und zwischen Hochlohnbranchen wie der Industrie und Niedriglohnbranchen wie der Gastronomie oder dem Einzelhandel.

Dem Sozialstaat werden dadurch und durch die Alterung der Gesellschaft immer mehr Aufgaben aufgebürdet, die er immer weniger erfüllen kann. Kosteneinsparungen und Kürzungen sind oft die Folge. Trotzdem gibt es immer wieder auch Gesetze, die neue Sozialleistungen einführen. Ein Beispiel ist das Elterngeld, ein anderes der Kinderzuschlag zum Kindergeld für Geringverdiener. Während aber die Regierung sich gerne mit dem Elterngeld brüstet, ist es verdächtig still um den Kinderzuschlag. Im Bundesfinanzministerium, in dessen Ressort Kindergeld und Kinderzuschlag fallen, weiß man nicht einmal, wo man Daten über den Kinderzuschlag herbekommt. Eine Mail an das Statistische Bundesamt bringt aber dann doch den gewünschten Erfolg.

Der Kinderzuschlag ist eine Leistung, die Eltern erhalten können, die nur aufgrund ihrer Kinder in den Arbeitslosengeld II – Bezug zu rutschen drohen. Die Leistungen sind so messen, dass die Empfänger nicht in den SGB II – Bezug abrutschen. Das dürfte auch der Grund sein, warum man in Berlin so wenig Aufhebens um die Leistung macht. Es könnte der Vorwurf kommen, die Kinderzuschlag-Empfänger müssten in der Diskussion um Kinder im SGB II – Bezug mit berücksichtigt werden.

Rund 72.000 Berechtigte erhielten 2009 für rund 185.000 Kinder Kinderzuschlag. Überwiegend handelt es sich dabei um Arbeitnehmer, nämlich zu 52,7 Prozent. Die zweitgrößte Gruppe sind Arbeitslose mit 10,7 Prozent. Da Grundsicherungs-Empfänger keinen Kinderzuschlag beziehen können (sie erhalten Sozialgeld für ihre Kinder), dürfte es sich zum größten Teil um Arbeitslosengeld-Empfänger handeln oder um Arbeitslose, die keine Leistungen beziehen. 1,8 Prozent der Empfänger sind Rentener, 1,5 Prozent Selbständige. Weitere Personengruppen stellen nur Anteile im Promille-Bereich oder sind nicht einzeln aufgeführt.

Erstaunlicherweise ist die typische Empfänger-Familie keinswegs eine Großfamilie. Mehr als die Hälfte aller Bezieher erhalten nur für ein Kind Kinderzuschlag (51,4 Prozent). Weitere 36,1 Prozent haben zwei, 9,5 Prozent drei Kinder. Vier Kinder haben nur 2,2 Prozent aller Familien. Ab fünf Kindern liegen die Anteile unter einem Prozent. Das ist aber wenig erstaunlich, denn um mit fünf (0,6 Prozent), sechs (0,1 Prozent) oder noch mehr Kindern (0,2 Prozent) nicht SGB II – Leistungen zu beziehen, muss man schon viel verdienen.

Rund 370 Millionen Euro Kinderzuschlag wurden 2009 ausgezahlt. Nicht gerade viel im Vergleich zu den 31,74 Milliarden Euro Kindergeld, nämlich nur rund 1,15 Prozent.

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