Es wird gestreikt. Die Gewerkschaften wollen diesmal deutlich höhere Löhne durchsetzen. Aktuell werden in der Metall- und Elektroindustrie 6,5 Prozent mehr Gehalt gefordert. Zusätzlich sollen Azubis fest übernommen und die Zeitarbeit eingeschränkt werden.
Im Tarifarchiv des gewerkschaftlichen WSI findet man eine Übersicht über die Lohnentwicklung der vergangenen Jahre.
Um 27 Prozent stiegen die Gehälter laut der Übersicht. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede. Im Baugewerbe sind es gerade mal 23,6 Prozent in elf Jahren, in der Grundstoffindustrie 31,1 Prozent.
Und dann ist da auch noch die Inflation. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise im gleichen Zeitraum um 18,4 Prozent. Ich habe das mal gegengerechnet, der Übersichtlichkeit halber nur für die beiden Wirtschaftszweige mit der höchsten Steigerung (Grundstoff- und Investitionsgüterindustrie, Blautöne) und der niedrigsten Lohnsteigerung (Baubranche und Öffentlicher Dienst, Rottöne) sowie den Durchschnitt (schwarz).
Das erfreuliche Ergebnis: alle Wirtschaftszweige haben ein Plus. Wobei man anmerken muss, dass diese Wirtschaftszweige nicht mit Branchen identisch sind. Einzelne Tarifverträge können für mehrere Wirtschaftszweige gelten (z.B. Metalltarif), teilweise kann es auch in einem Zweig mehrere Verträge geben (z.B. Metalltarif und Chemietarif für Investitionsgüterindustrie).
Allerdings gab es in einzelnen Jahren durchaus auch Lohnrückgänge. Das erklärt auch, warum Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft zu so unterschiedlichen Bewertungen der Gehaltsentwicklung kommen. Es kommt schlicht darauf an, welchen Zeitraum man betrachtet.
Um die Sache noch verwirrender zu machen: es gibt noch ein Problem. Die Statistik berücksichtigt nämlich nicht, ob bestimmte Tätigkeiten heruntergruppiert wurden. In der Vergangenheit kam es nämlich häufig vor, dass bestimmte Aufgaben in eine niedrigere Gehaltsgruppe eingeordnet wurden. Der Pförtner, der bisher immer in der Stufe drei war, ist dann beispielsweise nur noch in der Stufe zwei. Die tatsächliche Gehaltsentwicklung dürfte deshalb zumindest für Neueinsteiger noch etwas schlechter sein als oben beschrieben.
Beim nächsten Beitrag geht es mal wieder um etwas Unterhaltsames, versprochen. Im übernächsten wird es dann wieder ernst. Ich werde dann über die Antwort der OECD auf meine Rückfragen bezüglich der Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland schreiben.