Big Data ist aktuell eines der großen Themen in der Statistik. Auch ich will auf den Trend aufspringen, allerdings geht es bei mir nicht um BIG Data, sondern um PIG Data. Also um die
Big Data oder Pig Data?
Die Deutsche Statistische Gesellschaft hat gerade ein Sonderheft ihrer Zeitschrift Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv zum Thema Big Data herausgebracht. Wenngleich man darin auch einschränkt, dass etwa seit 2011 der Begriff „Big Data“ immer häufiger in Google gesucht wird, dafür aber das verwandte „Data Mining“ immer seltener.
Hinzu kommt, dass der Begriff „Statistik“ seit 2004 immer seltener gesucht wird. Und laut des Google Ngram Viewer, der das Wort in den in Google Books gespeicherten Büchern sucht, wird „Statistik“ seit seinem Hoch im Jahr 1914 immer seltener in deutschen Büchern gefunden. Nach einem Auf- und Ab- mit mehr Ab als Auf kommt das Wort seit 1964 fast konstant von Jahr zu Jahr seltener vor. Dafür erlebt das Wort „Gefühl“ seit Mitte der 70er einen Aufschwung, auch „Kultur“ kommt heute viel häufiger vor als vor 50 Jahren. Wobei heute hier 2007 bedeutet, weiter gehen die Google Nangram Daten für Deutschland nicht. Vielleicht ist deshalb „Religion“ bei den aktuellen Zahlen (also 2007) genauso häufig wie 1967. Zumal sich hinter der scheinbaren Stabilität ein Rückgang des Begriff bis 1980 und eine Wiederkehr seitdem verbirgt.
Haben die Vertreter der These der „postfaktischen Gesellschaft“ doch Recht? Ich bin nach wie vor nicht überzeugt, aber gebe zu, dass mich die Daten nachdenklich stimmen. Das ist auch die Art und Weise, wie man mit ihnen umgehen sollte. Nicht jeder Zahl blind glauben ohne die Entstehung kritisch hinterfragt zu haben, aber sie auch nicht leichtfertig beiseite wischen.
Pig Data: Die Schweinestatistik
Aber nun reicht es mit Big Data und der postfaktischen Gesellschaft, wir wollen jetzt endlich zu Pig Data kommen. Oder wie man, frei nach Goethes Faust, sagen könnte: „Der Worte sind genug gewechselt, nun lasst uns endlich Daten sehen“.
Das deutsche Schwein und sein Halter befinden sich seit Jahren in der Krise, wie ein Blick in die Reihe 4.1 der Fachserie 3 des Statistischen Bundesamtes zeigt, nämlich in das Heft „Viehbestand“ aus der Reihe „Viehbestand und tierische Erzeugnisse“ in der Fachserie Land und Forstwirtschaft, Fischerei. Die Zahl der gehaltenen Schweine sank alleine von November 2015 bis Mai 2016 um 1,8 Prozent. Wer jetzt sagt, dass sei nicht dramatisch möge schnell ausrechnen, dass bei gleichbleibendem Rückgang in zehn Jahren die Zahl der Schweine um fast 30 Prozent gesunken sein wird. Die Zahl der Schweine mit mehr als 110 Kilo Lebendgewicht sank sogar um 5,3 Prozent.
Noch schlimmer erwischte es die Schweinehalter. Die Zahl der Betriebe mit Schweinen sank innerhalb eines halben Jahres um 4,7 Prozent, das ist tatsächlich beachtlich. Da Juden und Muslime kein Schweinefleisch essen stellt sich natürlich die Frage: Ist der deutsche Schweinebraten ein Opfer der Einwanderung aus dem Morgenland?
Zum Vergleich: Rinder
Eher nicht, denn im gleichen Zeitraum sank auch die Zahl der Kühe um 0,6 Prozent. Dass es die Rinder nicht so stark trifft liegt vor allem an der Milchviehhaltung. Besonders stark ging die Zahl der überwiegend zum Schlachten bestimmten Tiere (männliche Tiere plus weibliche Tiere die zum Schlachten vorgesehen sind) zurück, nämlich um 1,7 Prozent.
Liegt es also an den Vegetariern, dass es weniger Tiere gibt? Teilweise vermutlich. Wobei die Entwicklung seit Mai 2014 nicht ganz so dramatisch ist wie die von November 2015 bis Mai 2016. Zumal es so aussieht, als gäbe es auch eine Art saisonalen Effekt, dass nämlich von November bis Mai mehr geschlachtet wird und ab Mai dann wieder vermehrt Jungtiere nachgezüchtet werden. Aber ich bin kein Bauer und die Zeitreihe ist auch relativ kurz.
Die Bauern mag der Rückgang ärgern, aus ökologischer Sicht ist er nicht einmal schlecht. Auch aus ernährungspolitischer übrigens nicht. So gab es zwischen 2000 und 2006 gegen den langfristigen Trend eine Zunahme der Zahl der weltweit hungernden Menschen, die paradoxerweise gerade durch den Anstieg des Wohlstandes in den Schwellenländern verursacht wurde. Weil mehr Menschen sich Fleisch leisten konnten, stieg die Nachfrage nach Futtermitteln und damit auch das Preisniveau. Um das Thema Pig Data abzurunden bleibt festzustellen, dass Schweinefleisch immerhin effizienter ist als Rindfleisch, man also weniger Futtermittel für die gleiche Menge Fleisch benötigt.