Die Bundesregierungen haben immer wieder ziemlich dreiste Versuche unternommen, möglichst viele Arbeitslose nicht als arbeitslos bezeichnen zu müssen. Nachdem lange Jahre Helmut Kohl und Norberg Blüm (beide CDU) die Könige der Sonderregelungen war, muss man dem aktuellen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) attestieren, die wohl dümmste Regelung auf den Weg gebracht zu haben. Demnach sind Arbeitslose im SGB II („Hartz IV“) über 58 nicht mehr offiziell arbeitslos, wenn sie ein Jahr lang keine sozialversicherungspflichtige Stelle angeboten bekamen.
Ausgerechnet jene, die besonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind, fallen nach der Scholzschen Regel aus der Statistik. Oder? Nein, nicht ganz. Denn wer einen Blick in das monatliche Zahlenheft der Bundesagentur für Arbeit wirft findet eine Übersicht über alle Sonderregelungen. Leider liegen diese Daten allerdings nicht für die sogenannten Optionskommunen vor, also jene Kreise in denen die Kommunen die Betreuung alleine übernehmen.
Die Grafik zeigt die Zahl der Älteren ab 58, die von der Sonderregelung betroffen sind je 100 Arbeitslose im Alter von mindestens 58 Jahren. Die linken fünf Säulen geben die Kreise mit der niedrigsten, die rechts mit der höchsten Rate an. In der Mitte der deutsche Durchschnitt.
Die Stärke der Unterschiede hat selbst mich verblüfft. Im Wetteraukreis und im Schalm-Eder-Kreis fallen so wenige Ältere unter die Regelung, dass die Rate gerundet Null ergibt. Ganz anders in der Stadt Lübeck. Dort gibt es bei den Arbeitslosen ab 58 mehr Menschen in der Sonderregelung als solche, die tatsächlich arbeitslos sind. Da sind andere Sonderregelungen noch gar nicht berücksichtigt.
Natürlich sind Kreise mit hoher Arbeitslosigkeit in dieser Darstellung besonders betroffen. Allein schon deshalb, weil die Regelung nur für das SGB II gilt. Allerdings ändert sich das Bild kaum, wenn man die von der Sonderregel betroffenen Ältern je 100 Arbeitslose ab 58 im SGB II betrachtet. Die Raten werden dann nur etwas höher, die Kreise bleiben zum großen Teil die gleichen.
Dass sich so wenig ändert ist nicht sehr verwunderlich. Denn in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit bleiben die Menschen länger arbeitslos, das erhöht die Zahl der Arbeitslosen im SGB II und der Älteren die mehr als ein Jahr keine sozialversicherungspflichtige Stelle mehr angeboten kamen gleichermaßen.
Dass das nicht der einzige Einflussfaktor ist zeigt aber ein Vergleich der Landkreise Ravensburg und Regensburg. Beide haben nicht nur einen Namen, der mit R anfängt und mit -burg aufhört, sondern auch eine Arbeitslosenquote für über 58-Jährige von 3,7 Prozent, aber in Ravensburg gibt es zusätzlich je 100 Arbeitslose über 58 Jahren im SGB II 196 Menschen in der Sonderregel, in Ravensburg nur 86.