Der Monatswechsel hat gleich zwei Studien zum Wertewandel gebracht. Am vorletzten Augusttag legte das Sinus-Institut mit einer Aktualisierung der Sozialen Milieus in Deutschland vor, am Tag darauf zog der GfK e.V. mit einer Untersuchung zum Wertewandel nach.
Das Sinus-Institut hat das Modell der Sozialen Milieus von Émile Durkheim aufgenommen und auf Deutschland übertragen. Grob gesagt werden dabei Menschen anhand ihres sozialen Status und ihrer Werteorientierung bestimmten Gruppen zugeordnet, beispielsweise dem liberal-intellektuellen Milieu. Das definiert sich durch die Werte Selbstverwirklichung, Emanzipation und Authentizität und die Zugehörigkeit zur Ober- oder zumindest zur oberen Mittelschicht.
Neben dem Mannheimer Unternehmen SIGMA dürfte Sinus das in Deutschland wohl bekannteste Institut in diesem Bereich sein. Beide forschen keineswegs aus wissenschaftlicher Neugier an dem Thema, vor allem Marketingmanager haben Interesse an den Daten.
Die Sinus-Forscher sehen seit dem Jahrtausendwechsel einen Trend zum Auseinanderdriften der Lebenswelten, womit wir wieder mal beim Thema Mittelschicht sind. Sie verweisen nicht nur auf gewachsene soziale Unterschiede, sondern auch auf eine digitale Spaltung. Nicht jeder kann bei dem rasanten technologischen Wandel noch mithalten. Gleichzeitig wächst aber auch einiges zusammen und wenn schon nicht die sozialen Schichten, so doch scheinbar widersprüchliche Werte. „Konservative Werte sind en vogue, aber sie werden umgedeutet“, schreiben die Forscher. Das gilt besonders für das „expeditive Milieu“, dass die Sinus-Leute bei der Aktualisierung als neue Gruppe mit aufgenommen haben.Hier ist man gleichzeitig pragmatisch und subkulturaffin, leistungsorientiert und partybegeistert, zielstrebig und gelassen.
Auch der GfK e.V. sieht eine Rückkehr zu „alten“ Werten wie Leistung und Sicherheit. Die Nürnberger Forscher fragten allerdings nicht nach der persönlichen Einstellung, sondern wollten wissen, ob bestimmte Werte nach Ansicht der Befragten wichtiger oder weniger wichtig werden. Besonders die Begriffe Wettbewerber (+10 Prozentpunkte), Innovation (+ 8 Prozentpunkte), Leistung und Macht (jeweils + 7 Prozentpunkte) wurden häufiger genannt als noch im Januar. Vor allem Solidarität (-7 Prozentpunkte) und Zuhause (-6 Prozentpunkte) wurden dagegen seltener genannt. Spitzenreiter bleibt jedoch die Sicherheit, 73 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass dieser Wert wichtiger wird.
Im Januar hatten die GfK-Forscher auch eine Differenzierung nach Alter veröffentlicht. Während auch damals fast alle Altersgruppen damals Sicherheit am häufigsten nannten, war es bei den 14 bis 24-Jährigen die Leistung (74 bzw. 65 Prozent). Bei den 25-34 Jährigen teilten sich Leistung und Sicherheit mit 66 Prozent den Spitzenplatz. Dagegen nannten die 35 bis 44-Jährigen häufiger als jede andere Altersgruppe Sicherheit (76 Prozent vor Zuhause mit 65 Prozent). Auch Vertrauen und Verantwortung wurden mit 61 und 57 Prozent häufiger genannt als Leistung mit 56 Prozent. Das kann ein Generationeneffekt sein, möglicherweise aber auch an den Lebensumständen dieser Altersgruppe liegen. Viele haben kleine Kinder und vielleicht ein – noch nicht abbezahltes – Haus.
Leistung ist ganz nebenbei der einzige Wert, der ohne Ausnahme von Altersgruppe zu Altersgruppe seltener genannt wird. Umgekehrt sieht es mit dem Verzicht aus. Abgesehen von den Jüngsten, die ihn häufiger nennen als die 25 bis 34-Jährigen, wird er auf die Frage, welcher Wert wichtiger werden wird, mit steigendem Alter seltener genannt.
[…] wenn andere Untersuchungen nahelagen, dass auch Eltern wieder mehr zu klassischen Wert neigen, wie hier im Blog vor Jahren schon […]