Schon das zweite Mal in diesem Jahrtausend findet die Statistische Woche in Nürnberg statt. Zumindest wenn man – nicht ganz korrekt – das Jahr 2000 mit zum 3. Jahrtausend zählen will. Das ist auf den ersten Blick verwunderlich wenn man bedenkt, dass es in der Stadt nicht einmal eine eigene Universtität gibt. Sie ist damit die mit Abstand größte Stadt Deutschlands und sicher eine der größten Europas ohne eine nennenswerte Universität.

Andererseits ist es auch wieder nicht so verwunderlich. Schließlich kommen aus Nürnberg nicht nur die Nürnberger Bratwurst, der Nürnberger Trichter und der Nürnberger Lebkuchen, sondern auch Deutschlands berühmteste Arbeitsmarkt- und Sozialstatistiken. Davon abgesehen hat die deutsche Marktforschung hier ihren Ursprung. Daran wird man spätestens erinnert, wenn man im GfK-Hörsaal sitzt oder einen Blick auf die Tagungsmappe wirft. Der Marktforscher ist nämlich Sponsor der Veranstaltung. Immerhin waren es mehrere Hochschullehrer der Nürnberger Handelshochschule – heute eine Fakultät der Universität Erlangen – die die GfK gründeten. Allen voran Wilhelm Vershofen sowie dessen wissenschaftlicher Assistent, der ebenfalls in Nürnberg das erste deutsche Marketing-Seminar gehalten hat. Er hätte womöglich eine glänzende Karriere als Manager oder Hochschullehrer machen können, entschied sich aber lieber Bundeskanzler zu werden. Bekannt ist dieser Herr namens Ludwig Erhard aber natürlich vor allem als Wirtschaftsminster. Auch heute noch arbeitet übrigens rund jeder sechste deutsche Marktforscher im Großraum Nürnberg.

Aber jetzt sind wir ganz schön vom Thema abgekommen. Die Statistische Woche hat dieses Jahr mehrere Schwerpunkte, nämlich Energie, Armutsforschung und Jump Regression Analysis. Laut Tagungsunterlagen ist auch Deutschlands bekanntester Statistiker, Walter Krämer („So lügt man mit Statistik“, „Lexikon der populären Irrtümer“, etc.) mit dabei. Daneben auch der Don – Donald Bruce Rubin, Vater des Rubin-Causal-Modells und Wegbereiter des Propensity Score Matchings. Oder wie es ein Ökonom des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung mal ausdrückte: Der Mann, der mindestens einmal den Nobelpreis für Statistik bekommen hätte, wenn es einen gäbe.

Ich habe mir am ersten Tag zwei Themen angetan. Einmal einen Plenarvortrag zum Thema Energie. Dort ging es um die Frage, wie man die Nachfrage an Energie vorausberechnen kann. Das ist deshalb nicht ganz unspannend, weil Strom mittlerweile über die Börse gehandelt wird. Wer rechtzeitig weiß, wie viel Strom er braucht, muss nicht kurzfristig überhöhte Preise zahlen oder zu viel gekauften Strom wieder los werden. Die gezeigten Modelle hier zu diskutieren würde zu weit führen.

Der zweite Vortrag befasste sich mit der Volkszählung, die ja in erster Linie keine solche ist, sondern ein registergestützter Zensus. Das bedeutet, ein großer Teil der Daten wird aus vorhandenen Quellen gewonnen, beispielsweise den Daten der Einwohnermeldeämter oder der Bundesagentur für Arbeit. Allerdings enthalten diese nicht alle gewünschten Informationen und sind nicht aktuell. Deswegen wird zusätzlich eine Haushaltsbefragung stattfinden, allerdings nur für eine Stichprobe. Das hat unter anderem zur Folge, dass für Gemeinden unter 10.000 Einwohner nicht alle Daten verfügbar sein werden. Anders als in der Schweiz, wo – wie in einem Vortrag dargestellt – sogar für Gemeinden mit unter 100 Einwohnern viele Ergebnisse ausgewiesen werden.