Regelmäßige Leser wissen es längst: Ich bin ein Stück weit ein Romantiker, ganz im klassischen Sinne. Ich mag Schnee im Winter und dunkle Wälder, die den Märchen der Gebrüder Grimm entsprungen sein könnten. Was ich nicht so mag sind Neoromantiker, die tatsächlich die Zeit zurückdrehen wollen, denn die Statistiken sagen nunmal, dass vieles heute besser ist als früher.
Aber zurück zu den Wäldern und zum Schnee. Wo es an Weihnachten den meisten Schnee gibt, habe ich ja schon geschrieben. Aber wo gibt es den meisten Wald? Auch hier ist Russland natürlich ein heißer Kandidat. Glücklicherweise hat das Statistische Jahrbuch auch ein Kapitel „Internationales“ und dort eine Rubrik „Land- und Forstwirtschaft“, wo man zu zahlreichen Ländern auch die Art der Bodennutzung nachschlagen kann. Die Russische Föderation schneidet mit 49 Prozent Waldanteil an der Landfläche ziemlich gut ab. Zum Vergleich: Deutschland schafft es nur auf 32 Prozent. Dass es im flächengrößten Land der Welt nicht noch mehr Wald gibt dürfte daran liegen, dass ganz im Norden kältebedingt kaum noch Bäume wachsen. Aus meinem Erdkundeunterricht erinnere ich mich noch an die Begriffe Tundra und Taiga – und tatsächlich, die Tundra ist eine Kältesteppe, in der es höchsten Zwergbäume gibt. Wohingegen die Taiga vor allem aus Nadelwald besteht.
Mit 49 Prozent ist Russland gut dabei. Werfen wir einen Blick auf die üblichen Verdächtigen, neben Russland noch Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo, also jene Staaten mit großen und bekannten tropischen Regenwäldern sowie Kanada.
Kanada schneidet erstaunlicherweise gar nicht so gut ab. Zumindest relativ zur Landfläche gesehen. Natürlich gibt es in Kanada riesige Waldflächen, aber das Land ist immerhin auch nach der Fläche das zweitgrößte der Welt (nach Russland). So kommt der Staat nur auf 34 Prozent Waldanteil, kaum mehr als Deutschland mit 32 Prozent. Das dürfte, wie bei Russland, an den vielen waldfreien Regionen im Norden liegen. Denn besiedelt ist Kanada bekanntlich dünn und die Landwirtschaft ist auch nicht schuld. Sie beansprucht 7 Prozent der Fläche, verglichen mit 48 Prozent in Deutschland.
Besser sieht es bei den anderen genannten Ländern aus. Indonesien kommt auf einen Waldanteil von 52 Prozent, Brasilien sogar von 61 Prozent. Übertroffen werden beide aber noch von der Demokratischen Republik Kongo (früher Zaire, zuvor Belgisch-Kongo, teilweise auch Kongo-Kinshasa im Gegensatz zu Kongo-Brazzaville, der Republik Kongo, dem ehemaligen Französisch-Kongo).
Für Waldfreunde ist die Demokratische Republik Kongo also eine sehr gute Adresse. Das Land ist das zweitgrößte Afrikas, fast siebenmal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland bei etwas weniger Einwohnern – wovon allerdings rund zehn Prozent in und um die Hauptstadt Kinshasa wohnen.
Übertroffen wird es aber von einem Staat, der einer der am dichtest besiedelten der Welt ist: Japan. Dort leben im Schnitt 338 Menschen auf einem Quadratkilometer, im ebenfalls sehr dicht besiedelten Deutschland sind es „nur“ 229. Trotzdem sind 69 Prozent der Landfläche mit Wald bestanden.
Denn der Großteil der Einwohner konzentriert sich in wenigen Ballungsräumen – und ein Großteil des Landes ist hügelig und für Landwirtschaft nicht geeignet. Mir sei an dieser Stelle die Bemerkung erlaubt, dass das einer der Gründe ist, warum ich trotz meiner romantischen Ader mit der Ablehnung von Fortschritt und Urbanisierung der Neoromantiker wenig anfangen kann. Nicht das Wachstum der Städte ist es, das – wie immer wieder zu lesen – die Natur bedroht. Menschen in dicht besiedelten Gebieten verbrauchen bei gleichem Wohlstand weniger Energie und Natur als solche in dünn besiedelten. Ein lesenswertes Buch zum Thema Urbanisierung ist übrigens Arrival City von Doug Saunders, auch wenn der Untertitel „Die neue Völkerwanderung“ den Inhalt denkbar schlecht beschreibt.
Dieser kleine Exkurs sei mir erlaubt, wenngleich die hohe Bebauungsdichte (die ich keineswegs als Modell für die ganze Welt empfehlen will) nur ein Grund für den hohen Waldanteil ist. Nur 13 Prozent der Landfläche werden deshalb landwirtschaftlich genutzt (zur Erinnerung: Deutschland 48 Prozent), eher unproduktive Nutzungsarten wie Dauergrünland gibt es hier gar nicht (Deutschland 13 Prozent der Landfläche).
Damit liegt Japan ziemlich weit vorne und muss sich nur einem Land geschlagen geben: Finnland. Die Skandinavier gehören natürlich auch zu den üblichen Verdächtigen – und tatsächlich ist Finnland mit einem Waldanteil von 73 Prozent die Nummer 1 unter den im Statistischen Jahrbuch aufgeführten Nationen. Schweden liegt mit 69 Prozent mit Japan gleichauf. Norwegen fällt dagegen ziemlich ab, das Land kommt auf nur 28 Prozent. Das dicht besiedelte Dänemark erreicht gerade mal 13 Prozent und Island gehört zu den waldärmsten Ländern überhaupt.
Auch am anderen Ende der Skala steht aber ein (im weiteren Sinne) skandinavisches Land, nämlich Island. Es ist mit einem Waldanteil von 0 Prozent das waldärmste. Natürlich gibt es dort auch Wälder, aber ihr Anteil liegt unter 0,5 Prozent und wird deshalb abgerundet. Die Insel ist zwar sehr dünn besiedelt und nur zum sehr geringen Teil landwirtschaftlich genutzt, allerdings besteht sie vor allem aus Grasland. Das übrigens nicht alleine eine Folge des nördlichen Klimas, sondern von Raubbau und Umweltzerstörung. Allerdings schon vor über 1.000 Jahren – damals haben Siedler die Wälder gerodet, die vorher einen großen Teil der Insel bedeckten. So viel zur guten alten Zeit (ach, was bin ich heute gehässig). Wie hoch der Waldanteil vorher war ist umstritten, er soll aber auf jeden Fall über 10 Prozent gelegen haben, andere vermuten sogar, dass die Insel überwiegend bewaldet war.
Nach der Rodung ließen die Siedler dort ihre Tiere weiden, so dass keine neuen Bäume mehr nachkamen – zur Verteidigung der Isländer muss man sagen, dass hier die nördliche Lage durchaus eine Rolle gespielt haben mag, weil die Wälder sich weniger schnell erholen konnten als in gemäßigten Breiten.
Mit Island sind wir eigentlich schon am unteren Ende der Tabelle angelangt. Allerdings will ich der Vollständigkeit halber noch unsere Spitzengruppe abschließen. Auf Finnland, Japan, Schweden und die Demokratischen Republik Kongo folgt eine weitere Überraschung – Süd-Korea. Das Land ist mit rund 500 Einwohner je Quadratkilometer noch dichter besiedelt als Japan (zur Erinnerung: 338 Einwohner je qm, Deutschland 229).
Auch Slowenien hätten vielleicht vielleicht nicht so weit vorne vermutet. Vor allem nicht Estland und Lettland, die neben Brasilien, Kolumbien und Indonesien ebenfalls zum Kreis der Länder gehören, die zu über 50 Prozent bewaldet sind.
Wenden wir uns nun also dem Ende der Tabelle zu. Dort finden wir natürlich Island. Als einziges weiteres Land mit einem Waldanteil von (gerundet) 0 Prozent nennt das Statistisches Jahrbuch Ägypten. Saudi-Arabien kommt immer hin auf 1 Prozent, Malta ebenfalls, Pakistan auf 2 Prozent.
Im Falle von Ägypten, Pakistan und Saudi-Arabien dürften wohl Klima und /oder Landesnatur schuld sein. Malta ist einfach ziemlich dicht besiedelt. Rund 1.300 Menschen leben hier auf einem Quadratkilometer, das wird nur von Monaco, Singapur und Bahrain übertroffen. Im Stadtstaat Singapur ist der Waldanteil ebenfalls gering, allerdings taucht das Land in der Tabelle nicht auf.
Wer also Wald sucht: Auf nach Japan. Wobei man fairerweise sagen muss, dass es natürlich in Kanada oder Russland gigantische Waldgebiete gibt. Der niedrigere Prozentsatz ergibt sich nur aus der gigantischen Fläche und der Tundra, in der es (im Gegensatz zur Taiga) keinen Wald gibt. Aber ich schreibe hier ja keinen Reiseführer. Ich möchte sogar fast sagen, dass man diesen Beitrag getrost in die Rubrik „Unnützes Wissen“ einsortieren kann.
[…] kann teilweise sogar aus der Luft erkennen, während auf der einen Seite Bäume stehen, wurde die Wälder in Haiti vielerorts abgeholzt. […]
[…] ist das Wachstum an Menschen ein großes Thema, schließlich hat es viele Auswirkungen: Auf die Umwelt, auf die Nahrungsmittelsicherheit und auf die Stabilität von Ländern. Der syrisch stämmige […]
[…] von mir bereits im Beitrag über den Waldanteil (da kam auch die DR Kongo schon mal vor) zitierte Autor Doug Saunders schätzt, dass mittelfristig […]