Immer wieder hört man aktuell, dass eine höhere Anzahl von Tests dazu führt, dass die Inzidenz steigt. Das stimmt, zumindest kurzfristig. Aber was kann man dagegen tun?
Darum führen mehr Tests zu einer höheren Inzidenz
Das Problem ist bereits häufig erwähnt worden, ich will es deshalb nur kurz wiederholen. Werden mehr Menschen getestet, werden natürlich auch mehr Erkrankungen entdeckt. Denn oft ist der Verlauf so mild, dass die Betroffenen gar nicht wussten, dass Sie an Corona erkrankt sind. Durch die Tests werden diese Fälle aber entdeckt – und mitgezählt.
Mittelfristig sollten die Tests natürlich dazu führen, dass sich weniger Menschen anstecken und damit auch die Inzidenz sinkt. Das Problem bleibt aber, wird mehr getestet, wird ein höherer Anteil der Fälle erkannt. Andersrum ist es aber verständlicher: ohne regelmäßige Tests wird die Anzahl der Infizierten deutlich zu niedrig erfasst.
Darum wäre eine Stichprobe gut
Die aussagekräftigste Methode wäre es, alle Deutschen einmal in der Woche zum Arzt zu schicken. Oder alternativ alle vier Wochen, wobei jede Woche jeweils ein Viertel getestet wird.
Das ist aber ziemlich aufwendig. Einfacher wäre eine Stichprobe, eine feste Zahl von Menschen würde jede Woche getestet. Dadurch bekäme man vergleichbare Daten, die Veränderungen von Woche zu Woche wären dann wirklich die Folge einer Ausbreitung oder eines Rückzugs der Krankheit und nicht der Testung. Zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit, der Zufall bleibt natürlich bei jeder Stichprobe ein Problem. Aber bei einer ausreichend großen Stichprobe ein vernachlässigbares.
Die so gewonnen Inzidenz würde übrigens über der aktuellen liegen, denn es werden dann mehr Fälle entdeckt, nämlich fast alle in unserer Stichprobe. Nur fast alle, weil Tests auch falsch negativ sein können. Der Test kann negativ sein, obwohl die untersuchte Person infiziert ist. Und natürlich kann der Test auch falsch positiv sein, also eine Person ist gesund, obwohl der Test positiv war.
Wie müsste ein Corona Panel aussehen
Wie aber müsste so ein Panel aussehen? Die Antwort auf diese Frage erklärt schon zum Teil, warum es keines gibt. Aktuell haben wir eine 7-Tage-Inzidenz von etwa 150. Das bedeutet, dass je 100.000 Personen 150 Menschen in den vergangenen sieben Tagen als neu infiziert gemeldet wurden. Es werden also nicht die aktuell erkrankten Menschen gezählt, sondern nur die Neufälle. Der Anteil der aktuell erkrankten Personen heißt Prävalenz, wird aber nicht so prominent berichtet.
Wie erwähnt erfassen wir nicht alle Infizierten, nehmen wir also mal an, tatsächlich liegt die Inzidenz bei 200. Das würde trotzdem bedeuten, dass je 1.000 Menschen nur zwei sich innerhalb von sieben Tagen infizieren. Mit anderen Worten, wir bräuchten mindestens 100.000, besser 200.000 Menschen für so ein Panel.
Das sind viele. Wollten wir jedem Mitglied 10,- Euro pro Woche als Aufwandsentschädigung zahlen, wären dass – bei 100.000 Teilnehmern – bereits 1.000.000,- Euro Kosten. Hinzu kommen die Testkosten, wobei den Kosten natürlich auch ein direkter Nutzen gegenüber steht, Tests helfen die Ausbreitung zu stoppen.
Wer wird befragt?
Ich spreche immer von einem Panel, weil das in meinen Augen die beste Form ist so eine Untersuchung durchzuführen. Panel bedeutet, es werden immer die gleichen 100.000 oder 200.000 Menschen untersucht. Warum? Dafür gibt es mehrere Gründe.
Ein Vorteil ist, dass man dadurch gut sehen könnte, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich bereits einmal erkrankte oder geimpfte Menschen noch einmal infizieren. Wir wissen so, wer zum zweiten Mal positiv getestet wird. Andernfalls müssten wir das erfragen und wären darauf angewiesen, dass uns die Wahrheit gesagt wird.
Außerdem hätte man bei einem Panel nicht das Problem, dass in der einen Stichprobe deutlich mehr Menschen geimpft oder bereits erkrankt sind als in derjenigen der Folgewoche oder der Woche davor. Außer natürlich, es wurden einfach viele Menschen geimpft, was ja ein realer Effekt ist.
Der andere Vorteil ist ein ganz praktischer, es müssen nicht jede Woche 100.000 neue Versuchskaninchen gefunden werden. Das ist ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.
Zumal die 100.000 Menschen aus dem ganzen Land stammen und allen Altersgruppen und sozialen Schichten in einem ähnlichen Verhältnis angehören sollten, wie im Durchschnitt. Auch das Geschlechterverhältnis sollte der Realität entsprechen. Das ist schon ziemlich herausfordernd.
Die Stichprobe
Die Stichprobe aus den Daten der Einwohnermeldeämter ziehen dürfte. Dann würde sie sich nämlich bei 100.000 Personen von ganz alleine der tatsächlichen Struktur annähern, ohne dass man alle Faktoren einzeln kontrolliert.
Allerdings ist das nur in Ausnahmefällen möglich. Beim Zensus wurde das zum Beispiel gemacht, das war aber die große Ausnahme. Für normale wissenschaftliche Untersuchungen ist das nicht möglich. Aber im Rahmen der Pandemie wurde doch so vieles gemacht, was bisher nicht ging, dass man das mit einem Pandemiestatistikgesetz sicher hätte erlauben können.
Das Panel würde nicht die rki-Erfassung ersetzen
Natürlich würden wir aus dem Panel keine kleinräumigen Daten gewinnen können. Dafür bräuchten wir weiterhin die Inzidenzen der rki-Meldungen, die wir bereits kennen. Allerdings könnte man die rki Daten dann besser analysieren und beispielsweise schätzen, wie hoch die Untererfassung ist. Auch die unterschiedliche Testdichte könnte man damit besser herausrechnen.
Aus statistischer Sicht wäre so ein Panel ziemlich spannend. Ob es die Kosten wert wäre, muss die Politik entscheiden.
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