Der Arbeitsmarkt wurde durch die Corona-Krise extrem getroffen. Dass nicht weitaus mehr Menschen arbeitslos sind, liegt vor allem daran, dass viele Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt wurden. Rechnet man den Arbeitsausfall durch Kurzarbeit mit, waren im Mai 2020 rund doppelt so viele Menschen ohne Arbeit wie ein Jahr zuvor. Was aber bedeutet das für junge Menschen, die jetzt eine Ausbildung beginnen wollen? Um das ins Bild zu setzen, möchte ich am Ende des Beitrags auch noch mal kurz auf das Thema Arbeitslosigkeit eingehen.

Ausbildungsmarkt: Weniger Stellen, weniger Bewerber

Für den Ausbildungsmarkt müsste man besonders schlimme Folgen erwarten, denn Lehrlinge nicht einzustellen ist einfacher, als bereits angestellte Mitarbeiter zu entlassen. Tatsächlich sank die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen von 542.764 um 8,1 Prozent 499.035. Ich muss sagen, das hätte ich mir schlimmer vorgestellt.

Zumal gleichzeitig auch die Zahl der Bewerber sank. Vielleicht werden einige die letzte Klasse der Schule noch wiederholen oder warten einfach mal ein Jahr ab. Jedenfalls lag die Zahl der Bewerber um Ausbildungsstellen mit 439.270 um 8,4 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Das Minus fällt in absoluten Zahlen mit 40.088 nur wenig schwächer aus als bei den Stellen mit 43.729.

Weniger einmündende Bewerber

Trotzdem ist die Zahl der Bewerber, die bereits eine Stelle haben („einmündende Bewerber“) und deshalb nicht weiter suchen, deutlich gesunken. Vermutlich aber auch deshalb, weil die Arbeitgeber wegen der aktuellen Situation länger brauchen, um die Bewerbungen zu bearbeiten. Dafür spricht, dass der Anteil der besetzten Stellen an allen gemeldeten Stellen gesunken ist, obwohl jetzt mehr Bewerber auf eine Stelle kommen.

Jedenfalls haben bisher nur 147.625 Bewerber bisher die gesuchte Stelle gefunden, das sind 33.347 oder 18,4 Prozent weniger als vor einem Jahr. Auch die Zahl der „anderen ehemaligen Bewerber“ sank deutlich um 9,3 Prozent oder 11.243 auf 109.178. Das sind Menschen, die sich bei einer Agentur für Arbeit Ausbildungssuchend gemeldet haben, aber die Suche abgebrochen haben ohne eine (dokumentierte) Stelle gefunden zu haben. Das können Menschen sein, die einfach aufgegeben haben, die sich umentschieden haben und jetzt beispielsweise lieber studieren, aber auch solche, die eine Stelle gefunden, dass der Agentur für Arbeit aber nicht gemeldet haben. Natürlich auch die, die weiterhin suchen, aber den Kontakt zur Agentur für Arbeit abgebrochen haben.

Homepage Agentur für Arbeit
Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Daten dadurch, dass nicht alle Bewerber sich auch dort melden – und nicht alle Stellen einer Agentur für Arbeit gemeldet werden.

Die Zahl der Bewerber, die bisher keine Stelle gefunden haben, stieg um 4.502 auf 182.467. Von diesen haben auch bisher weniger eine Alternative gefunden, beispielsweise einen Studienplatz, eine alternative Ausbildungsstelle oder eine schulische Ausbildung. So stieg die Zahl der unversorgten Bewerber um 5.900 auf 144.359 an.

Noch mehr offene Stellen als Bewerber

Trotzdem gibt es nach wie vor mehr offene Stellen als noch suchende Bewerber. Auf 100 offene Stellen kommen rechnerisch 117 Bewerber. Natürlich heißt das nicht, dass nicht viele Menschen am Ende ohne Ausbildungsplatz bleiben werden, weil die offene Stelle beispielsweise in der falschen Branche ist oder in der falschen Region oder weil die Bewerber den Anforderungen der Arbeitgeber nicht entsprechen.

Ich rechne übrigens etwas anders als die offizielle Statistik, die die offenen Stellen nur auf die unversorgten Bewerber bezieht. Allerdings sind auch die „Bewerber mit Alternative“ ja noch Bewerber. Im Gegensatz zu mancher gewerkschaftlichen Publikation rechne ich aber die „anderen ehemaligen Bewerber“ nicht mit, denn die sind ja eben keine Bewerber mehr.

Unklar ist natürlich alles, was außerhalb der Agenturen für Arbeit abläuft. Außerdem ist es denkbar, dass sich durch die schlechte Lage viele Bewerber erst gar nicht bei den Agenturen für Arbeit melden.

Doppelt so viele Unterbeschäftigte

Daten zur Zahl der Menschen, die unfreiwillig ohne Arbeit sind, gibt es nur bis Mai, denn Daten zur Kurzarbeit liegen erst mit Verzögerung vor. Den Kurzarbeiter erhalten ihr Geld zunächst vom Arbeitgeber, der sich die Ausgaben dann von der Agentur für Arbeit erstatten lässt. Dafür hat der etwas Zeit, deshalb sind die bisher für Juli vorliegenden Zahlen noch nicht aussagekräftig. Für Mai gibt es eine Hochrechnung, endgültige Daten liegen bis April vor.

Demnach waren damals doppelt so viele Menschen unfreiwillig ohne Arbeit wie ein Jahr zuvor. Die Zahl der Arbeitslosen lag mit 2,6 Millionen rund 18,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Bis Juli ist die Zahl weiter auf 2,9 Millionen gestiegen. Rechnet man Menschen dazu, die nur aufgrund von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder Sonderregelungen arbeitslos oder in geförderter Beschäftigung sind, kommt man auf 3,4 Millionen Menschen (Juli: 3,6 Millionen), das sind 8,3 Millionen mehr. Dass das Plus hier geringer ausfällt, liegt daran, dass auch viele arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder geförderte Beschäftigungsverhältnisse unter Corona leiden.

Rechnet man geförderte Selbständige und Kurzarbeiter mit dazu, ergibt sich aber ein viel deutlicherer Anstieg. Denn im April entfielen durch Kurzarbeit rund 3,0 Millionen Stellen, gegenüber rund 18.000 im Vorjahresmonat, ein Plus von rund 17.000 Prozent. Die Zahl der Kurzarbeiter liegt sogar noch höher, damit man die Zahl mit den Arbeitslosen vergleichen kann, wird sie aber in Vollzeitäquivalente umgerechnet. Arbeiten zwei Personen statt Vollzeit nur noch 50 Prozent, so zählt das als ein Vollzeitäquivalent.

Insgesamt kommt man so auf rund 6,5 Millionen Menschen, die entweder de facto arbeitslos sind, in geförderter Beschäftigung oder Selbständigkeit, krank oder in Kurzarbeit. Das sind fast genau doppelt so viele wie im Vorjahresmonat.

Vermutlich lag im Juli die Zahl der Kurzarbeiter (beziehungsweise deren Vollzeitäquivalente) etwas niedriger als im April, dafür aber die Zahl der sonstigen Unterbeschäftigten höher. Sie stieg nämlich seit April um 200.000, vor allem wegen mehr Arbeitslosen im Sinne des SGB III (also die, die auch offiziell als arbeitslos bezeichnet werden). Deren Zahl nahm sogar um 300.000 zu, weil aber seit April die Zahl der Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen und geförderter Beschäftigung weiter sank, betrug der Anstieg insgesamt „nur“ 200.000 Personen.